Brüssel/Athen. Molltöne in Brüssel. Athen gibt sich im Streit um seine Schulden hart. Die Zeit läuft davon - ohne weitere Hilfen droht den Griechen die Pleite.
Die griechische Regierung hat zum zweiten Mal binnen weniger Tage Gespräche über den Umgang mit ihren Milliardenschulden platzen lassen. Nach nicht einmal dreistündigen Beratungen der Euro-Finanzminister in Brüssel hieß es am Montag aus Kreisen der Regierung in Athen: "Es kann heute keine Einigung geben."
Die anderen Eurogruppen-Mitglieder reagierten mit einer unmissverständlichen Drohung. "Wir können diese Woche noch nutzen, aber das ist es", sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach dem Scheitern der Verhandlungen in Brüssel. Er erinnerte daran, dass in einigen Euro-Staaten die Parlamente einer möglichen Ausweitung der Griechenland-Hilfen zustimmen müssen.
Letzte Chance auf eine Einigung am Freitag
Letzte Chance für eine Einigung ist demnach die Einberufung eines weiteren Euro-Finanzministertreffens an diesem Freitag. Dafür müsste die griechische Regierung allerdings verbindliche Zusagen machen und eine Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms beantragen. Diesen Schritt lehnt Athen bislang strikt ab. Hintergrund sind mit dem Hilfsprogramm verbundene Spar- und Reformauflagen der Geldgeber, die von der Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras als unsozial zurückgewiesen werden.
Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis lehnte am Montagbabend ein Ultimatum der Eurogruppe sowie eine Verlängerung des Hilfsprogramms für sein Land ab. "Wir wollen einen neuen Vertrag", sagte Varoufakis am Montagabend nach dem Scheitern einer neuen Verhandlungsrunde über die Schuldenprobleme seines Landes in Brüssel. Das alte Programm sei die Ursache und nicht die Lösung für die Probleme Griechenlands. "Es ist ein Programm, das nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann", sagte er. Varoufakis sagte, er gehe davon aus, dass es darüber in den kommenden 48 Stunden weitere Verhandlungen auf europäischer Ebene geben könne. Was er genau damit meint, sagte er nicht.
Seinen Amtskollegen in der Eurogruppe warf Varoufakis unkonkrete Angaben über Absichten vor. In den Verhandlungen über eine Lösung des Schuldenstreits habe er keine konkreten Antworten auf die Frage bekommen, welcher Handlungsspielraum der griechischen Regierung künftig zugestanden werden soll. "Ein bisschen Flexibilität reicht nicht", sagte Varoufakis. Zu einem möglichen Austritt seines Landes aus der Währungsunion sagte Varoufakis: "Griechenland ist ein Mitglied der Eurozone und es wird Mitglied der Eurozone bleiben."
Griechenland droht Ende Februar die Pleite
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Das aktuelle Hilfsprogramm läuft Ende des Monats aus. Ohne weitere Finanzspritzen könnte Griechenland, das bisher mit 240 Milliarden Euro der internationalen Geldgeber gestützt wurde, laut Experten pleitegehen. Eine Zahlungsunfähigkeit dürfte aber auch mit Milliardenverlusten für die anderen Euroländer einhergehen.
Die griechische Regierung bezeichnete die Forderungen der Geldgeber am Montagabend erneut als "unlogisch und inakzeptabel". Darüber weiter zu reden, bedeute "Zeitverlust". EU-Währungskommissar Pierre Moscovici entgegnete: "Es gibt keine Alternative zur Verlängerung des Programms." Die griechische Regierung könne die nötige Flexibilität nutzen und dann könne auch über Inhalte und Zeit gesprochen werden. Europäische Regeln müssten aber eingehalten werden, einseitige Maßnahmen dürfe es nicht geben, betonte Moscovici weiter.
Griechische Regierung habe sich nicht bewegt
Dass eine Einigung auch am Montag schwer werden würde, hatte sich bereits vor dem Verhandlungsbeginn abgezeichnet. "Die griechische Regierung hat sich offenbar gar nicht bewegt", sagte zum Auftakt der Euro-Finanzministerkonferenz Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der am Abend nach den Gesprächen ohne weiteren Kommentar das Treffen verließ. Er sei nicht der einzige, dem nicht klar sei, was die neue Links-Rechts-Regierung in Athen eigentlich wolle.
Zuvor war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Eurogruppen-Chef Dijsselbloem und dem griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis ohne Ergebnis geblieben. Das Klima sei schlecht gewesen, hieß es aus Kreisen der Athener Regierung, die vom Bündnis der radikalen Linken (Syriza) von Ministerpräsident Alexis Tsipras dominiert wird.
Tsipras hatte vor Beginn der neuen Verhandlungsrunde erneut ein Krisengespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geführt, über dessen genauen Inhalt allerdings nichts bekannt wurde. In Interviews betonte der Grieche erneut, dass es seiner Regierung nicht um neue Kredite gehe. "Statt Geld brauchen wir Zeit, um unsere Reformpläne zu verwirklichen. (...) Dann wird Griechenland in sechs Monaten ein anderes Land sein", sagte er dem "Stern".
"Kredite müssen vollständig zurückgezahlt werden"
Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling erwiderte dazu am Montag in Brüssel: "Ich glaube (...), dass die Zeit noch kein Problem gelöst hat." Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos bekräftigte, dass auch sein Land strikt dagegen sei, Griechenland Schulden zu erlassen. "Die spanische Regierung war in dieser Frage immer sehr klar: Für uns ist dies eine rote Linie, die man nicht überschreiten darf. Die Kredite müssen vollständig zurückgezahlt werden. Das ist ein äußerst wichtiges Thema. Ich denke, dass dieses Prinzip fast alle akzeptiert haben."
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Einer der wenigen, die sich nach dem Treffen am Montag noch optimistisch äußerten, war der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan. Er sagte: "Ich bin überzeugt, dass wir letztlich eine gemeinsame Grundlage und Entscheidung erreichen können." Besorgt sei er nicht.
Die Märkte zeigten sich weniger positiv. Der Eurokurs geriet nach dem gescheiterten Treffen der Euro-Finanzminister am Montag stark unter Druck. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde zuletzt mit 1,1330 US-Dollar gehandelt. Vor dem ergebnislosen Treffen hatte der Euro noch über der Marke von 1,14 Dollar notiert. (dpa)