Essen. Er wollte Bundespräsident aller Deutschen sein - und wirkte durch seine Worte. Unvergessen seine Charakterisierung des 8. Mai 1945 als “Tag der Befreiung“. Nun ist Richard von Weizsäcker gestorben.
Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist am Samstag im Alter von 94 Jahren gestorben. Das teilte das Bundespräsidialamt in Berlin mit. "Wir verlieren einen großartigen Menschen und ein herausragendes Staatsoberhaupt", schrieb Bundespräsident Joachim Gauck in einem Kondolenzschreiben an die Witwe Marianne Freifrau von Weizsäcker. Er würdigte seinen Vorgänger als eine "moralische Instanz". "Die Erinnerung zu bewahren und hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, waren ihm wichtige Anliegen, gerade auch im Hinblick auf die junge Generation", betonte Gauck.
Der CDU-Politiker von Weizsäcker war von 1984 bis 1994 Bundespräsident - er beeinflusste mit wegweisenden Reden das politische Klima in Deutschland und scheute auch nicht vor Konflikten mit Kanzler Helmut Kohl (CDU) zurück. Gemeinsam feierten sie am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit im wiedervereinigten Berlin.
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1984 wurde von Weizsäcker in der Bundesversammlung mit 80,0 Prozent der Stimmen gewählt, bei der Wiederwahl 1989 bekam er mit 84,9 Prozent eines der bisher besten Wahlergebnisse. Vor der Bundespräsidentenzeit war der in Stuttgart geborene Weizsäcker unter anderem Regierender Bürgermeister von Berlin (1981 bis 1984). Von 1969 bis 1981 war der promovierte Jurist Mitglied des Deutschen Bundestages. Zudem war er zwei Mal Präsident des Evangelischen Kirchentages (1964 bis 1970 und 1979 bis 1981).
Nach seinem Amtsantritt hatte er versprochen, "Präsident aller Bürger" sein zu wollen. Als ein wichtiger Markstein seiner Amtszeit gilt die Rede vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, in der er sich ohne Beschönigung mit den deutschen Verbrechen der Nazi-Zeit auseinandersetzte. Er bezeichnete den Tag des Kriegsendes und den Zusammenbruch des Nazi-Regimes als "Tag der Befreiung".
Das Diktum, dass der 8. Mai nicht vom 30. Januar 1933 (Tag der Machtübernahme Adolf Hitlers) zu trennen sei, "ist eine nicht revidierbare Grundlage für unser Selbstverständnis und unser Handeln geworden", betonte Gauck. "Aus der Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft folgte sein Engagement für ein friedliches und vereintes Europa." Von Weizsäcker habe die Freundschaft mit den Partnern im Westen vertieft und die Verständigung mit den Völkern im Osten gesucht. "Schon früh sah er in der Überwindung der Spaltung Europas die einzige Möglichkeit zur Überwindung der Spaltung Deutschlands." (dpa)
Erinnerungen an von Weizsäcker