Auschwitz. Jedes Jahr besucht Sylvia Löhrmann mit Schülergruppen Auschwitz. 70 Jahre nachdem das Lager befreit wurde, sind erstmals auch jüdische Schüler dabei.

Julia Shemaryahu (16) stapft durch den Schneematsch der Gedenkstätte Auschwitz und ist gleich am „Arbeit macht frei“-Torbogen angekommen, da stellt sich ihr Igor Malicki in den Weg. Der Zufall sorgt für die geschichtsmächtigste Begegnung, die man sich an diesem Ort vorstellen kann. Sie ist Gymnasiastin aus Köln. Ihr Vater stammt aus Israel, die Mutter aus Ungarn. Sie gehören zur jüdischen Gemeinde in NRW, sie essen koscher, gehen in die Synagoge. Er war Häftling Nummer 188005.

Malicki gehört zu den etwa 300 Auschwitz-Überlebenden, die aus aller Welt zur Gedenkfeier am 27. Januar nach Polen gereist sind. Viele der Hochbetagten wagen sich zum ersten Mal seit der Befreiung des Konzentrationslagers durch die Russen vor 70 Jahren hierher. Der älteste Überlebende ist ein 102-jähriger Österreicher. Malicki stammt aus Russland. Unter seinem Mantel trägt er seine Häftlingskleidung, auf dem Kopf die gestreifte Mütze von damals. „Ich habe Auschwitz überlebt“, sagt er auf Russisch. Jeder soll es sehen.

Hier fühlen sie das Grauen vielleicht zum ersten Mal

Julia Shemaryahu weiß nicht recht, was sie sagen soll. Sie ist ein ganz normaler Teenager aus Deutschland. Und trägt doch eine andere Geschichte mit sich herum. Ihr Opa hat den Holocaust überlebt, viele Verwandte ihrer Eltern wurden deportiert. Der Vater kam trotzdem als Mittzwanziger zurück ins Land der Täter, baute in Köln eine Firma auf. Die Erinnerung an den Nazi-Terror blieb ein Lebensthema der Familie. „Ich wollte Auschwitz unbedingt selbst sehen“, sagt Julia.

Auschwitz - Todesfabrik der Nazis

Die Rampe von Auschwitz-Birkenau: Symbol für die Todesfabrik, die die Nationalsozialisten hier aufgebaut haben. Am 27. Januar 1945...
Die Rampe von Auschwitz-Birkenau: Symbol für die Todesfabrik, die die Nationalsozialisten hier aufgebaut haben. Am 27. Januar 1945... © Wiener Library/Handout/Archiv
... befreiten Soldaten der Roten Armee dort die letzten Gefangenen. Nur 7000 Menschen...
... befreiten Soldaten der Roten Armee dort die letzten Gefangenen. Nur 7000 Menschen... © imago stock&people
... konnten das Lager lebend verlassen.
... konnten das Lager lebend verlassen. © imago stock&people
Anfangs ein Konzentrationslager für polnische politische Gefangene, wurde Auschwitz zu einem weltweiten Symbol für den nationalsozialistischen Judenmord. Die Nationalsozialisten...
Anfangs ein Konzentrationslager für polnische politische Gefangene, wurde Auschwitz zu einem weltweiten Symbol für den nationalsozialistischen Judenmord. Die Nationalsozialisten... © dpa
... richteten das Lager auf Befehl von SS-Reichsführer Heinrich Himmler (undatiertes Foto) im Sommer 1940 am Rande des besetzten polnischen Städtchens Oswiecim auf einem ehemaligen Kasernengelände ein. Das Lagertor...
... richteten das Lager auf Befehl von SS-Reichsführer Heinrich Himmler (undatiertes Foto) im Sommer 1940 am Rande des besetzten polnischen Städtchens Oswiecim auf einem ehemaligen Kasernengelände ein. Das Lagertor... © picture-alliance/ dpa
... mit der zynischen Aufschrift
... mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei" mussten Häftlinge schmieden. Als die Nazi-Pläne zur Vernichtung der europäischen Juden Gestalt annahmen,... © Getty Images
... wurde etwa drei Kilometer von Auschwitz entfernt das Lager Birkenau gebaut.
... wurde etwa drei Kilometer von Auschwitz entfernt das Lager Birkenau gebaut. © dpa
Züge aus ganz Europa rollten zu der so genannten
Züge aus ganz Europa rollten zu der so genannten "Judenrampe",... © picture alliance / dpa
... an der die Neuankömmlinge von der SS
... an der die Neuankömmlinge von der SS "selektiert" wurden. Wer noch stark genug für Zwangsarbeit in einem der umliegenden deutschen Industriebetriebe war, hatte eine Chance, zumindest Wochen oder Monate zu überleben. © Getty Images
Das undatierte Archivbild zeigt das Konzentrationslager der IG-Farben in Auschwitz-Monowitz, in dem mindestens 30.000 Zwangsarbeiter getötet worden sind. Die IG-Farben-Gesellschaft Degesch produzierte dort das berüchtigte Gift
Das undatierte Archivbild zeigt das Konzentrationslager der IG-Farben in Auschwitz-Monowitz, in dem mindestens 30.000 Zwangsarbeiter getötet worden sind. Die IG-Farben-Gesellschaft Degesch produzierte dort das berüchtigte Gift "Zyklon-B" für die Vernichtungs-Gaskammern. © picture-alliance / dpa
Doch Tausende wurden Tag für Tag direkt von der Rampe in die Gaskammern von Birkenau - und damit in den Tod - geschickt. Die genaue Zahl der Opfer kann nur geschätzt werden. Wissenschaftler...
Doch Tausende wurden Tag für Tag direkt von der Rampe in die Gaskammern von Birkenau - und damit in den Tod - geschickt. Die genaue Zahl der Opfer kann nur geschätzt werden. Wissenschaftler... © Getty Images
... gehen von mindestens 1,3 Millionen in Auschwitz-Birkenau ermordeten Menschen aus. Mindestens 1,1 Millionen von ihnen waren Juden.
... gehen von mindestens 1,3 Millionen in Auschwitz-Birkenau ermordeten Menschen aus. Mindestens 1,1 Millionen von ihnen waren Juden. © Getty Images
Aber auch Zehntausende Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und politische Häftlinge starben in Auschwitz.
Aber auch Zehntausende Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und politische Häftlinge starben in Auschwitz. © Getty Images
Vom Ausmaß des industrialisierten Massenmords zeugt bis heute die Ausstellung dessen, was den Häftlingen in Auschwitz abgenommen wurde: Unzählige Brillen,...
Vom Ausmaß des industrialisierten Massenmords zeugt bis heute die Ausstellung dessen, was den Häftlingen in Auschwitz abgenommen wurde: Unzählige Brillen,... © Getty Images
... Schuhe,...
... Schuhe,... © Getty Images
... Bürsten,...
... Bürsten,... © Getty Images
... Taschen...
... Taschen... © Getty Images
... und Geschirr...
... und Geschirr... © Getty Images
... sowie Prothesen sind in der Gedenkstätte in Oswiecim aufbewahrt - als erschütterndes Mahnmal.
... sowie Prothesen sind in der Gedenkstätte in Oswiecim aufbewahrt - als erschütterndes Mahnmal. © Getty Images
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Jetzt steht sie vor Igor Malicki und wirkt froh, dass Schulministerin Sylvia Löhrmann an ihrer Seite ist. „Wir müssen die Erinnerung wach halten“, sagt Löhrmann. „Das ist schwere Arbeitet“, antwortet Malicki auf Deutsch. Stille. Löhrmann nestelt an ihrem Schal. Es lässt sie nicht unberührt, dass der freundliche alte Herr die Sprache der Peiniger auch nach 70 Jahren sofort aktivieren kann.

Seit die Schulministerin im Amt ist, reist sie jedes Jahr mit Schülergruppen nach Auschwitz. Erstmals sind auch jüdische Jugendliche mitgekommen. „Es gibt nicht mehr viele Jahre, in denen man mit Überlebenden sprechen kann. Wer Zeitzeugen getroffen hat, wird zum Zweitzeugen“, sagt Löhrmann. Sie setzt eine Tradition des früheren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers fort, der die Unternehmerfamilie Bethe für die Stiftung „Erinnern ermöglichen“ gewonnen hatte. Sie finanzierte allein in den letzten fünf Jahren 14 000 Schülern aus NRW den Auschwitz-Besuch.

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Von Christopher Onkelbach

„Die Deutschen kommen am besten vorbereitet“, zitiert eine polnische Zeitung eine Historikerin. Auschwitz-Birkenau. Größtes Vernichtungslager. Über 1,1 Millionen Ermordete. Viehwagons, Rampen, Gaskammern, Zyklon B, Krematorien, Todesmärsche. Die Schüler wissen fast alles, aber sie fühlen das Grauen vielleicht zum ersten Mal hier. In den zugigen Baracken, vor dem langen Stacheldraht, in den Folterkellern, vor der Todeswand, beim Anblick von Schuhbergen oder Tonnen von menschlichem Haar, das zu Teppichen oder Mantelfutter verarbeitet werden sollte.

„Mir geht das so nahe, ich träume heute Nacht davon“, sagt Marie Kassing. Sie ist 17 und geht zum Kardinal-von-Galen-Gymnasium in Kevelaer. Sie findet: „Unsere Generation muss sich nicht schuldig fühlen, aber verantwortlich.“ Ihr Schulkamerad Henrik Lange (17) erklärt, was diese Auschwitz-Fahrt mit ihm und seinen Kumpels macht: „Wir haben an einem Tag mehr über Geschichte gelernt als in vielen Jahren Unterricht.“

Ignacy Krasnokucki will es den Schülern so leicht wie möglich machen. Der 90-Jährige hat Buchenwald und den Todesmarsch überstanden. Der Ingenieur aus Lodz spricht hervorragend Deutsch und scherzt mit den Jugendlichen. Als er mit einem Mädchen fürs Foto posiert, grinst er etwa: „Nur nicht meiner Frau erzählen.“

Gedenken an Opfer des Holocaust

27. Januar 1945 – die Sowjettruppen befreien das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. 2015 jährt sich die Befreiung zum 70. Mal.
27. Januar 1945 – die Sowjettruppen befreien das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. 2015 jährt sich die Befreiung zum 70. Mal. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) aus Krakau...
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) aus Krakau... © Getty Images
...durch das Lager I. Am Holocaust-Gedenktag am Dienstag...
...durch das Lager I. Am Holocaust-Gedenktag am Dienstag... © Getty Images
...werden mit Igor Malicky auch viele Staatschefs, Ehrengäste und...
...werden mit Igor Malicky auch viele Staatschefs, Ehrengäste und... © Getty Images
...und rund 300 Überlebende in Auschwitz zusammenkommen – wie     Alina Dombrowska (91). Sie verbrachte als 19-Jährige...
...und rund 300 Überlebende in Auschwitz zusammenkommen – wie Alina Dombrowska (91). Sie verbrachte als 19-Jährige... © Getty Images
...anderthalb Jahre als politischer Häftling im Lager.
...anderthalb Jahre als politischer Häftling im Lager. © Getty Images
Heute ist Auschwitz im polnischen Oswiecim eine Gedenkstätte mit  Museum.
Heute ist Auschwitz im polnischen Oswiecim eine Gedenkstätte mit Museum. © Getty Images
Zwei Tage vor dem Holocaust-Gedenktag besuchte eine Gruppe orthodoxer Juden aus London das ehemalige KZ.
Zwei Tage vor dem Holocaust-Gedenktag besuchte eine Gruppe orthodoxer Juden aus London das ehemalige KZ. © Getty Images
Auch am Tor vor der Gedenkstätte Sachsenhausen im brandenburgischen Oranienburg erinnern Rosen an die Opfer des Holocaust.
Auch am Tor vor der Gedenkstätte Sachsenhausen im brandenburgischen Oranienburg erinnern Rosen an die Opfer des Holocaust. © dpa
Auch NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) besuchte das ehemalige Konzentrationslager.
Auch NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) besuchte das ehemalige Konzentrationslager. © dpa
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky.
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky. © dpa
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky.
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky. © dpa
In Amsterdam legen Bürgermeister Eberhard van der Laan (2.v.l.), Rabbi Menno ten Brink (3.v.l.) und Premierminister Lodewijk Asscher...
In Amsterdam legen Bürgermeister Eberhard van der Laan (2.v.l.), Rabbi Menno ten Brink (3.v.l.) und Premierminister Lodewijk Asscher... © dpa
... im Wertheimpark einen Kranz für die Opfer der Nazi-Diktatur nieder.
... im Wertheimpark einen Kranz für die Opfer der Nazi-Diktatur nieder. © dpa
Unter den Teilnehmern des Schweigemarschs in Amsterdam sind auch viele orthodoxe Juden.
Unter den Teilnehmern des Schweigemarschs in Amsterdam sind auch viele orthodoxe Juden. © imago/Xinhua
Bei einer Gedenkmatinee der Bochumer Literaten zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gibt Stadtarchiv-Leiterin Dr. Ingrid Wölk einen historischen Abriss über das KZ.
Bei einer Gedenkmatinee der Bochumer Literaten zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gibt Stadtarchiv-Leiterin Dr. Ingrid Wölk einen historischen Abriss über das KZ. © Ingo Otto / FUNKE Foto Services
Neben unzähligen weiteren Gedenkveranstaltungen auf der ganzen Welt  gaben sogar in Yangon/Myanmar drei Musiker aus Deutschland, Israel und Polen ein Konzert zum Gedenken an die Opfer.
Neben unzähligen weiteren Gedenkveranstaltungen auf der ganzen Welt gaben sogar in Yangon/Myanmar drei Musiker aus Deutschland, Israel und Polen ein Konzert zum Gedenken an die Opfer. © dpa
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
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„Na hören Sie mal,“ ich bin Deutscher“

Doch er kann den jungen Besuchern nicht ersparen, dass die Deutschen ihm auch nach 70 Jahren noch im Albtraum erscheinen: Er könne nicht vergessen, wie SS-Schergen einer Mutter das Baby wegnehmen wollten, im Gerangel Ärmchen und Beinchen ausrissen. Beschwörend sagt er: „Ich erzähle das, damit ihr für immer wisst, wohin Hass unter Menschen führt.“

Für Julia Shemaryahu bleibt nach den Tagen in Polen Gefühlschaos. Sie ist Kölnerin, Jüdin, betroffen in jeder Hinsicht. Irgendwann erzählt die 16-Jährige die Geschichte von einem Israel-Urlaub mit den Eltern. Es gab einen Verkehrsunfall, die Schuldfrage war strittig. Hatte ihr Vater auch wirklich geblinkt: „Na hören Sie mal, ich bin Deutscher“, habe er da gerufen. Julia muss lachen.