Johannesburg/Brüssel. . Mohammed-Karikatur versetzt islamische Länder in Afrika in Wut. Tote und Gewalt bei Ausschreitungen in Algerien und Niger. Kirchen wurden in Brand gesetzt.
Im Westen ist die erste Ausgabe des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ nach den Terroranschlägen von Paris schnell vergriffen, in der islamischen Welt löst das Blatt zum Teil tödliche Gewalt aus: In zahlreichen islamischen Staaten Afrikas gingen am Wochenende Zehntausende zum Protest auf die Straße. Dabei kam es in mehreren Staaten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die in Niger (Westafrika) mindestens zehn Menschenleben kosteten.
Die sonst nur in einer Auflage von 60 000 Exemplaren gedruckte Zeitung war in der vergangenen Woche mit sieben Millionen auch in Afrika erschienen und zeigt unter der Überschrift „Alles ist vergeben!“ den Propheten Mohamed mit einem Schild „Je suis Charlie“.
Angriffe auf Christen
Während die Proteste in Ländern wie dem Sudan, Somalia, Mauretanien, Mali und dem Senegal weitgehend friedlich verliefen, kam es in Niger zu schweren Übergriffen. Schwerpunkt der Auseinandersetzungen war Zinder, zweitgrößte Stadt des Landes, wo nach dem Freitagsgebet mehrere hundert teilweise mit Pfeil und Bogen bewaffnete Menschen durch die Straßen zogen und Kirchen, die Häuser christlicher Bewohner sowie das französische Kulturzentrum angriffen. Mindestens drei Kirchen wurden niedergebrannt. In einem Gotteshaus wurde später eine verkohlte Leiche gefunden.
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Neben drei weiteren Zivilisten kam in Zinder auch ein Polizist ums Leben, mindestens 45 Menschen wurden verletzt. Nach Augenzeugen riefen die Demonstranten „Nieder mit Frankreich!“, „Allah ist groß!“ und „Lasst Charlie Hebdo in der Hölle schmoren“. Mehrere Personen wurden verhaftet.
Islamische Führer rufen zu Demonstrationen auf
Anderntags riefen islamische Führer auch in der Hauptstadt Niamey zu Demonstrationen auf, die von der Polizei verboten wurden. Dennoch gingen mehrere Tausend Menschen auf die Straße, errichteten Straßensperren, griffen eine Polizeistation an, setzten zwei Polizeifahrzeuge in Brand, plünderten Geschäfte und zerstörten drei weitere Kirchen. Zur Zielscheibe wurden außerdem Bars, von Franzosen geführte Hotels sowie Einrichtungen des französischen Mobilfunkkonzerns Orange. Bei den Unruhen am Samstag starben fünf Menschen: Die meisten davon verbrannten in angezündeten Kirchen oder Bars. Unter den Protestanten sollen sich auch Muslime mit Fahnen der extremistischen nigerianischen Boko-Haram-Sekte befunden haben.
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Auch in Algerien kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen. Die Demonstranten verbrannten französische Flaggen und riefen unter anderem „Die Kouachis sind Märtyrer!“: Die beiden Islamisten, die beim Anschlag auf Charlie Hebdo in Paris zwölf Menschen erschossen hatten, stammen aus Algerien. Sie wurden von der französischen Polizei erschossen und anonym bestattet.
Appell: Karikaturen ignorieren
Islamische Gelehrte der angesehenen Azhar-Universität in Kairo riefen Muslime dazu auf, die jüngsten Karikaturen zu ignorieren. Gläubige sollten sich nicht durch die „Ignoranz“ anderer verleiten lassen, hieß es.
Die belgischen Behörden suchen unterdessen mit Hochdruck nach möglichen Hintermännern des vereitelten Terroranschlags gegen Polizisten. Festnahmen in Griechenland entpuppten sich am Wochenende als Fehlschlag. Beide Fälle hätten nichts miteinander zu tun, sagte ein Sprecher der belgischen Staatsanwaltschaft in Brüssel. In Belgien herrscht Alarmzustand, seit die Behörden nach eigenen Angaben einen größeren Anschlag von Islamisten offensichtlich in letzter Minute vereitelten.