Berlin. . Durch die neue Terrorgefahr rückt der Innenminister ins Zentrum der Politik. Der CDU-Mann trifft den richtigen Ton. Härte im Handeln, nicht mit Worten.

Manuela Schwesig sagt: „Der Innenminister kann sich schlecht selbst loben.“ Also übernehme sie das, „kommt auch nicht alle Tage vor“, bemerkt die Familienministerin lächelnd. Ihr gefiel es, dass Thomas de Maizière (CDU) der Islamkonferenz nicht den Stempel aufdrückte, wie er es leicht hätte tun können, nach dem Anschlag von Paris. Doch der Minister widerstand der Versuchung.

Thomas de Maizière ist angesichts der neuen Terrorismus-Debatte der Mann der Stunde in Berlin – weil er den Ton trifft. Härte zeigt sich für ihn seit jeher nicht in Worten, „sondern im Handeln“, wie er selbst sagt. Im Herbst verhängte er ein Betätigungsverbot für den Islamischen Staat, gestern billigte das Kabinett seinen Vorstoß, jedem Dschihadisten den Personalausweis zu entziehen.

Ganz anders als Schily

Unwillkürlich zieht man die Parallele zum 11. September 2001 und dem damaligen Innenminister Otto Schily. Der Vergleich ist einerseits überholt, weil der 11. September eine Zäsur war, die Politik heute weiter ist und gelernt hat; etwa die Erkenntnis, dass Sicherheitsgesetze und Kriege den Terror nicht gestoppt haben. Ihm fallen nicht nur die Karikaturisten in Paris zum Opfer, sondern fast jeden Tag Menschen überall auf der Welt, in Jemen, Nigeria, Irak, Syrien.

Andererseits hilft der Vergleich mit 2001, um Unterschiede zu markieren. Als erster Bundesinnenminister der SPD sollte Schily zeigen, dass auch ein Sozi einen „Falken“ abgeben kann. Er ließ sich als roter Sheriff titulieren und war immer für einen markigen Spruch gut: „Wenn ihr den Tod so liebt, dann könnte ihr ihn haben.“ Solch eine Ansprache an die Adresse der Terroristen wäre de Maizière fremd.

Merkels Vertrauter

Ihm ist vielmehr bewusst, dass Deutschland sogar viel Glück gehabt hat. Nach dem Anschlag von Paris musste er weitere Attacken in anderen EU-Staaten einkalkulieren. „Er schläft diese Nacht nicht ruhiger“, sagte ein CDU-Führungsmitglied, als er ihm beim Vorstandstreffen in Hamburg begegnete. Angela Merkel zog ihn gleich in der Hotellobby zur Seite und zum Vier-Augen-Gespräch hinter einer Werbewand zurück. Da wurde allen Augenzeugen klar, dass er der gefragteste Minister ist. Und zweifach unter Druck: Vorzeitig brach er nach Dresden auf, um auf einer Gegendemo Gesicht zu zeigen und anderntags nach Paris zu reisen.

Merkel und de Maizière sind Seelenverwandte: zurückhaltend, konsensorientiert. Es wurde schnell klar, dass der Minister weder die Terrorwarnstufe heraufsetzen noch auf rasche Gesetzesverschärfungen setzen würde. Aktionismus ist ihm fremd. De Maizière ist eher auf eine Entschleunigung der Politik bedacht und kultiviert nicht die Rivalität zum Justizminister. Die Frage ist, ob er bei der Vorratsdatenspeicherung beim Kollegen Heiko Maas (SPD) weiter kommt als alle seine Vorgänger. Aus „fachlichen Gründen“ halte er sie für „zwingend geboten“ und rechtsstaatlich geboten, bekräftigte de Maizière erst gestern.

Zum zweiten Mal im Amt

Der CDU-Mann ist schon zum zweiten Mal im Amt. Nach der letzten Wahl hatte er eigentlich gehofft, Verteidigungsminister zu bleiben. Dass die Kanzlerin ihn nach dem Drohnen-Skandal versetzte, war eine Degradierung, die lange an ihm nagte. Er selbst spricht von einem „Abschiedsschmerz“.

Von der Drohnen-Affäre hat er sich erholt. Ein Indiz dafür ist, dass er in der Union wieder als potenzieller Merkel-Nachfolger gehandelt wird, neben Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie trumpft gern auf. De Maizière nimmt andere für sich ein, indem er sich zurückhält.

Am meisten fällt der Unterschied im Vergleich zu seinem Vorgänger Hans-Peter Friedrich (CSU) auf. Das hört man bei den Innenministern, im Parlament, in der Islam Konferenz, wo de Maizières Vorgehen gelobt wird: „Kooperativ, auf Augenhöhe.“