Berlin. . Die größte Belastung der „Gehetzten Generation“ der 30- bis 50-Jährigen geht laut Studie von den überhöhten eigenen Erwartungen an sich selbst aus.
Die SPD hat die „Gehetzte Generation“ der 30- bis 50-Jährigen als Zielgruppe entdeckt - und will ihnen mit neuen Teilzeitmodellen wie der 32-Stunden-Woche für Eltern unter die Arme greifen. Doch hilft das gegen den Stress in der Lebensmitte? Eine Forsa-Umfrage zeigt jetzt, dass Mütter und Väter vor allem unter ihren eigenen hohen Ansprüchen leiden, an Selbstzweifeln und selbst gemachtem Druck.
Job, Kinder, Schule und Haushalt - der Alltag von Müttern und Vätern ist anstrengend, keine Frage. Doch niemand setzt Eltern so stark unter Druck wie sie sich selbst: Zwei Drittel der Mütter und Väter in Deutschland leiden laut Forsa-Umfrage unter selbst gemachtem Stress. Die „Gehetzte Generation“ wünscht sich mehr Gelassenheit - und ahnt: Mit politischen Maßnahmen lässt sich da wenig machen.
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Die SPD sieht das anders. Doch nun grätscht ihr die Zeitschrift „Eltern“ mit ihrer Umfrage in den Weg: 1000 Mütter und Väter mit Kindern bis 12 Jahre sollten sagen, was helfen könnte gegen Stress: Das Ergebnis ist bitter für Parteichef Sigmar Gabriel und seine Familienministerin Manuela Schwesig: Acht von zehn Eltern sind extrem skeptisch gegenüber den Möglichkeiten der Politik – nur 14 Prozent glauben, dass die derzeitige Familienpolitik den Alltag spürbar erleichtert.
„Die Eltern wissen, dass die Politik an ihrem inneren Stress nichts ändern kann“, sagt Heinz Bude von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. „Sie sind ernüchtert.“ Trotz Kita-Ausbau, Elterngeld und Teilzeitmodellen ist der Druck in den letzten Jahren nicht weniger geworden - im Gegenteil: Viele berufstätige Elternpaare versuchen mittlerweile, sich Kindererziehung und Haushalt zu teilen. Doch das führt nicht zwangsläufig zu mehr Entspannung: „Der Stress in der Aushandlungsfamilie nimmt zu“, glaubt Soziologie-Professor Bude.
Neue Aufgabenverteilung
Tatsächlich läuft die neue Aufgabenverteilung in vielen Familien nicht reibungslos: Während 63 Prozent der Väter den Eindruck haben, dass zu Hause beide Elternteile gleichermaßen für die Kinder verantwortlich sind, sehen das bei den Müttern nur 36 Prozent so. Die Initiative der SPD für die „Gehetzte Generation“ mit neuen Teilzeitmodellen für beide Partner findet Bude daher auch fragwürdig, weil sie an der Lebenswirklichkeit vieler Paare vorbeigehe: „Da wird viel Energie verschleudert.“
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Zumal die meisten Eltern mit ihrer Arbeitszeitregelung offenbar zufrieden sind: Nur jeder Fünfte sieht laut Umfrage die Ursache für Druck und Stress im Job oder beim Arbeitgeber. Auf der Wunschliste der Eltern steht daher auch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie erst an dritter Stelle. Flexiblere Arbeitszeiten? Mehr Betreuungsangebote für Kinder? Bessere Karrieremöglichkeiten für Mütter? Alles gut, aber längst nicht so wichtig wie mehr Geld vom Staat und „mehr innere Ausgeglichenheit, Lockerheit und Gelassenheit“.
Das Kind als Projekt
Doch woher kommt der viele Stress? Es sind vor allem die hohen Ansprüche der Mütter und Väter an sich selbst. „Gute Eltern“ zu sein, das bedeutet heute für viele nahezu perfekt zu sein - und bei der kleinsten Abweichung mit sich zu hadern: Drei Viertel der Eltern haben regelmäßig das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Bude nennt das die „Dramatisierung des Kinderschicksals“. Vom Kindergarten bis zur Universität sorgen sich die Eltern um die richtige Förderung, die richtigen Freunde, die richtigen Noten. Das Kind ist ihr Projekt - und es soll gelingen.