Düsseldorf. In zwölf kreisfreien Städten, elf Kreisen und 156 kreisangehörigen Gemeinden werden die Oberbürgermeister im September neu gewählt. Für alle Oberbürgermeister des Landes läuft die Amtszeit bis 2020. Ab dann werden Kommunalvertretungen und Verwaltungschefs grundsätzlich gemeinsam und für fünf Jahre bestimmt.

Neun der zehn einwohnerstärksten Städte Deutschlands werden von SPD-Oberbürgermeistern regiert, in Stuttgart trägt der Grüne Fritz Kuhn die Amtskette. Die sonst so von Umfragen verwöhnte Union quält sich mit einem „Großstadt-Problem“. Es fehlen Köpfe und Konzepte.

CDU-Landeschef Armin Laschet versucht deshalb, bei der nahenden ­OB-Wahl in Nordrhein-Westfalens einziger Millionenstadt Köln mit einem lokalpolitischen Kunstgriff der Misere zu entkommen.

Ungewöhnliche Allianz der Unterstützer

Wenn die Kölner im September ein neues Stadtoberhaupt küren, will die CDU keinen eigenen Kandidaten aufstellen. Nach Lage der Dinge versammelt sie sich gemeinsam mit Grünen und FDP hinter der parteilosen Sozialdezernentin Henriette Reker (59), die den ausscheidenden Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) beerben soll.

Obwohl die Juristin Reker, die schon unter Oliver Wittke (CDU) in der Gelsenkirchener Stadtverwaltung arbeitete, bei Kommunalpolitikern einen guten Ruf genießt, verdankt sich die ungewöhnliche Unterstützungsfront eher taktischen Überlegungen.

Zwei Anwärter bei der SPD

Für die CDU bietet sich die ­Chance, ohne eigenen Kandidaten mit ausreichend Strahlkraft der SPD das wichtigste OB-Amt in NRW zu entreißen. Für die Kölner SPD wird entweder Unterbezirkschef Jochen Ott oder der örtliche Fraktionschef Martin Börschel ­antreten. Der 42-jährige Multifunktionär Börschel hatte im ­Dezember für Aufsehen gesorgt, als er aus Protest gegen die Grunderwerbsteuer-Erhöhung seinen Posten als finanzpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion aufgab. Die SPD-Spitze um Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist seither nicht mehr gut auf ihn zu sprechen.

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Obwohl Köln strukturell eher eine SPD-Stadt ist, hält die Union gerade den wenig warmherzig ­auftretenden Funktionärstyp ­Börschel für bezwingbar. Gegen den leutseligen Düsseldorfer ­Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), den sich viele aus Kölns Kulturszene, Karneval und Wirtschaft als OB gewünscht ­hätten, wäre es schwieriger geworden. Aber Walter-Borjans ist von den lokalen SPD-Granden nie ­offiziell gefragt worden.

Elbers’ selbstverliebter Wahlkampf ins Aus

NRW-CDU-Chef Laschet hatte sich früh in die Kandidatensuche eingeschaltet. Landesweit liegt die Union in Umfragen erstmals ­wieder vor der SPD, Laschet findet allmählich in seine Rolle als Kraft-Herausforderer. Die OB-Wahlen 2015 sollen diesen Stimmungstrend verfestigen. Wohl auch ­deshalb riet Laschet in Köln dazu, im Zweifel eine parteiübergrei­fende Lösung wie Henriette Reker anzustreben – falls in den eigenen Reihen niemand ausreichend kölsch und kompetent erscheine.

Der CDU hängt noch die Düsseldorfer OB-Wahl 2013 in den ­Kleidern, als Amtsinhaber Dirk ­Elbers mit einem selbstverliebten Wahlkampf trotz bester Ausgangslage an SPD-Neuling Thomas ­Geisel verlor. Einen solchen „Ich-bezogenen Wahlkampf“ werde es mit seiner CDU nicht mehr geben, zürnte Laschet damals.

Streit in der Essener SPD - Gewinn für die CDU?

Neben Köln hat die CDU bei den OB-Direktwahlen im Herbst vor ­allem Essen als bundesweit neuntgrößte Stadt im Blick. Die dortige neue SPD-Chefin Britta Altenkamp hat den eigenen Oberbürgermeister Reinhard Paß mit ehrenrühriger Kritik („nicht dialog- und kompromissfähig“) demontiert und in einen partei-internen Kandidaten-Wettstreit getrieben.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Kufen könnte als Herausforderer von der Schlammschlacht profitieren und Essen für die Union zurückerobern.