London/Ankara/Paris. . Anti-Islam-Bewegung und Gegen-Demos beschäftigen die internationale Presse. Dabei gibt es neben viel Kritik zum Teil auch Verständnis für den Protest.
Pegida sorgt international für Schlagzeilen. In den USA und in vielen Ländern Europas beschäftigt die Anti-Islam-Bewegung Reporter und Kommentatoren. Nachrichtensender wie CNN, BBC und Al-Dschasira greifen den Protest und die Gegendemonstrationen auf. Ein Überblick:
Lob aus der Türkei
„Ein historischer Moment in Deutschland“ titelt die Zeitung „Radikal“ auf ihrer Internetseite über die Pegida-Gegendemonstration in Köln: „Sie haben sich hinter ihre Einwanderer gestellt.“ In dem Artikel kommt der türkeistämmige NRW-Landtagsabgeordnete Arif Ünal (Grüne) zu Wort. Er sagt, dass es schön war, dass so viele Türkeistämmige daran teilgenommen haben. Insgesamt stellte die Presse die Gegendemos in den Vordergrund. Nur das Massenblatt „Hürriyet“ titelte am Dienstag weniger optimistisch: „Pegida teilt Deutschland“.
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Erschrockene Briten
Die britische Presse beobachtet aufmerksam und auch ein wenig erschrocken, wie die Pegida-Bewegung an Fahrt gewinnt. Das Massenblatt „Daily Mail“ berichtet über die Kundgebung am letzten Montag in Dresden, aber auch über die Gegendemonstrationen. Der „Times“-Korrespondent David Charter analysiert, bei Pegida handele es sich um eine Gruppe, „die die Uhren im modernen Deutschland stoppen will“. Man höre „Parolen, die an die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte erinnern“: Und weiter: „Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg verlangt eine populistische Bewegung das Recht, sich offen über eine ethnische Minderheit zu beschweren – und das politische Establishment ist in Panik.“
Niederländer diskutieren mit
Alle Medien berichten ausführlich. Auch in den sozialen Netzwerken wird über Pegida diskutiert. Die linksliberale Zeitung ,,De Volkskrant‘‘ widmete den Demonstrationen zwei Sonderseiten unter dem Titel: ,,Die Wutbürger fürchten, ihr Land zu verlieren.‘‘ Dass das Interesse in den Niederlanden für die Pegida-Bewegung besonders groß ist, liegt daran, dass die Islam-Kritik hierzulande längst salonfähig ist. Der Islamkritiker Geert Wilders und seine ,,Freiheitspartei‘‘ PVV wettern hart gegen den Islam. Für Wilders ist der Islam ,,eine politische und totalitäre Ideologie“.
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Spanische Bedenken
Die wichtigsten spanischen Zeitungen brachten das Thema groß mit Bild auf Seite eins. Die rechtsliberale „El Mundo“ schrieb, Pegida sei dabei, „die dunkelsten rassistischen Vorurteile im tiefsten Deutschland aufzuwärmen.“
Belgien hat Europa im Blick
Im Belgien findet Pegida erhebliche Beachtung. Die Presse berichtet, zum Teil mit eigenen Korrespondenten, aus Dresden oder Köln. Der flämische „Morgen“ sieht die deutschen Abendlandverteidiger als Teil eines „auffälligen und Besorgnis erregenden“ gewalttätigen Anti-Islamismus, der sich in Europa ausbreite. Erwähnung finden sowohl die harsche Pegida-Kritik der Bundeskanzlerin wie auch die anwachsende Gegenbewegung: „Deutsche Städte drehen Anti-Islamdemonstranten das Licht aus“, titelt „De Standaard“. Und „La Libre“ aus Brüssel verweist auf die große Zahl bekennender Pegida-Gegner in den sozialen Medien hin: „Pegida hat nicht nur Freunde.“
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Italiener sehen Klimawandel
Die Hauptfrage in Sachen Pegida lautet in Italien: Sind Nazis, Skinheads beteiligt? Kaum, finden „La Stampa“ und „La Repubblica“; sie heben die „schleichenden Zukunftsängste“ großer Bevölkerungsschichten als Grund für den Zulauf zu Pegida hervor.
Der „Corriere della Sera“ und „Il Sole 24 Ore“ ordnen den „deutschen Klimawandel“ ein in das, was sich in anderen „traditionell ausländer-offenen, toleranten Ländern Europas“ wie Schweden und Niederlande tue. Überall werden die „ungewöhnlich starken“ Worte Angela Merkels gegen Pegida lobend erwähnt, ebenso die Gegendemos. Fazit: So lange es diese „anderen Deutschen“ gibt, macht Pegida den Italienern keine Angst.
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Französische Zurückhaltung
Es ist bemerkenswert, wie zurückhaltend die Politiker in Frankreich auf Pediga reagieren. Immigration, Islam – diese Themenfelder hat der bei den Wählern erfolgreiche rechtspopulistische Front National besetzt, auf dessen Mühlen die etablierten Parteien kein zusätzliches Wasser leiten wollen.
Nicht so zurückhaltend sind die Medien, die über die Pegida-Demonstrationen ausführlich berichten. Mit einem Unterton der Besorgnis und mit dem Bemühen um Ausgewogenheit. So erwähnte die bürgerliche Tageszeitung „Le Figaro“ zwar, dass laut einer aktuellen Umfrage 73 Prozent der Deutschen besorgt seien über die Zunahme des radikalen Islams. Aber das Blatt vergisst nicht, die Ängste zu erwähnen, die der islamistische Terror heraufbeschwöre. Wohlfeile Schuldzuweisungen sucht man vergeblich.