Berlin. Die Bundesregierung ist sich einig geworden: Das Kabinett hat Gesetzesentwürfe zur Einführung der Pkw-Maut beschlossen. Sie soll 2016 kommen.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat endlich seine Pläne für die Pkw-Maut durchs Bundeskabinett gebracht, doch erleichtert wirkt er nicht. Klar, das sei schon ein Erfolg, sagt der Minister nach der Kabinettssitzung unbewegt, „aber es liegt noch ein Stück Arbeit vor mir.“
Wohl wahr: Auch nach der Zustimmung der Ministerrunde ist die Pkw-Maut längst keine beschlossene Sache. Die EU-Kommission hat rechtliche Bedenken wegen einer vermuteten Diskriminierung von Ausländern, der Koalitionspartner SPD hat reichlich Klärungsbedarf: „Es gibt noch viele offene Fragen und Zweifel, die Maut ist nicht über den Berg“, sagt SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol. In der Bundesregierung wird nach Informationen unserer Zeitung zudem fest mit Klagen beim Verfassungsgericht gerechnet.
500 Millionen Euro Einnahmen
Klar ist indes schon: Mit dem mehrfach überarbeiteten Gesetzentwurf wird die Maut, wenn sie denn kommt, noch einmal komplizierter als ursprünglich geplant. Dafür käme sie später als zunächst angekündigt - nicht zu Anfang, sondern allenfalls im Verlauf des Jahres 2016. Doch Dobrindt lobt die Maut nun als „fair, sinnvoll und gerecht.“
Mit 500 Millionen Euro Netto-Einnahmen jährlich rechnet der Minister, aufgebracht allein von ausländischen Autofahrern, zweckgebunden für Verkehrsinvestitionen. Aber das ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten: Pkw-Fahrer aus dem Ausland zahlen die Maut - als Jahres- oder Kurzzeitgebühr - nur auf den Autobahnen. Für Inländer gilt sie zusätzlich auch auf Bundesstraßen.
Kontrolle per Kennzeichenabgleich
Doch alle inländischen Autofahrer müssen die Maut zwar automatisch jedes Jahr bezahlen, sie werden aber in gleicher Höhe bei der Kfz-Steuer wieder entlastet - den entsprechenden Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beschloss das Kabinett ebenfalls. Wer bisher von der Kfz-Steuer befreit ist, wird auch von der Maut-Pflicht ausgenommen.
Kontrolliert wird nur strichprobenartig auf Autobahnen: Ob gezahlt wurde, wird durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich ermittelt. Allerdings eröffnet Dobrindt jetzt die Möglichkeit für inländische Fahrer, die Maut ganz einzusparen und so mit der abgesenkten Kfz-Steuer noch ein Geschäft zu machen: Wer nachweist, dass er das gesamte Jahr über weder auf Autobahnen noch auf Bundesstraßen unterwegs war, kann seine Maut zurückfordern.
Manche können sich die Maut sparen
Dobrindt nennt das eine „Härtefallregelung“, die nach Ministeriumsschätzung nur ein paar hunderttausend Autofahrer in Anspruch nehmen können; eine Verordnung soll vorschreiben, dass die Fernstraßen-Abstinenz eindeutig belegt werden muss, etwa über ein Fahrtenbuch.
In letzter Minute reagierte das Kabinett auch auf die Vermutung von Kritikern, dass die Maut später erhöht wird, ohne dass die Kfz-Steuer entsprechend abgesenkt würde - dann müssten auch inländische Fahrer zuzahlen. Um den Verdacht zu zerstreuen, wurde in Schäubles Gesetzentwurf eine Passage gestrichen, die auf solche Mauterhöhungen schon verwiesen hatte.
Unbeliebter Minister
Dobrindt versichert zwar, es bleibe dabei, dass inländische Pkw-Fahrer keine Mehrbelastungen zu tragen hätten. Doch für die Zukunft garantiert ist das nicht. Dabei ist Dobrindt schon jetzt der unbeliebteste Minister der Regierung: 55 Prozent der Bundesbürger finden seine Arbeit schlecht, nur 21 Prozent bewerten sie als gut. Dobrindt tut so, als lasse ihn das kalt. „Mir war immer klar“, sagt er, „dass die Maut eine intensive Aufgabe mit langen Diskussionen sein würde.“
Womit müssen Autofahrer bei der Pkw-Maut rechnen?
Straßennetz: Inländer sollen für das knapp 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz und das 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.
Mautpreise: Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird - sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos und beträgt höchstens 130 Euro. Für Ausländer gibt es neben der so berechneten Jahresmaut ergänzend eine Zehn-Tages-Maut (10 Euro) und eine Zwei-Monats-Maut (22 Euro).
Ausgleich für Inländer: Inländer sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer wieder entlastet werden - auf den Cent genau. Bei besonders schadstoffarmen Autos (Euro 6) ist es möglich, für Maut und Steuer künftig etwas weniger zu zahlen als jetzt für die Steuer.
Besondere Fahrzeuge: Mautpflichtig sind auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sind mautfrei.
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Kontrollen: Statt an Klebe-Vignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.
Geldbußen: Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss Geldbußen zahlen - bis zu 150 Euro. Im Wiederholungsfall können bis zu 260 Euro plus eine Jahresmaut fällig werden. Dies soll auch bei Pkw-Haltern im Ausland eingetrieben werden.
Härtefälle: Wer nachweisen will und kann, dass er in einem Jahr weder auf Autobahnen noch auf Bundesstraßen gefahren ist, kann seine Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein eigens geführtes Fahrtenbuch sein. (mit dpa)