Berlin. Wahlkampf einmal anders: Die Piratenpartei tritt zur Bundestagswahl an und setzt auf soziale Netzwerke im Internet statt Plakate und Spotts. Auch Floßfahrten sollen die Aufmerksamkeit der Wähler wecken.

Kein Wahlkampfleiter, kaum Geld und keine Vorschläge zu großen Politikthemen wie Arbeit oder Klimaschutz - bei der Piratenpartei läuft der Wahlkampf anders als bei den etablierten Parteien. Die kleine Partei will vor allem in sozialen Netzwerken im Internet für sich werben.

Zum Wahlkampfkonzept, das die "Piraten" am Donnerstag vorstellten, gehören auch viele Mitmach-Angebote: Alle Mitglieder können selbstständig Aktionen starten, Vorgaben von der Parteispitze gibt es nicht. So soll die Partei bundesweit bekannt werden. Ihr Wahlprogramm ist übersichtlich: Es dreht sich ausschließlich um die Wahrung der Bürgerrechte - vor allem im Internet.

"Unser ganz großer Schwerpunkt ist einfach Mitmachen", sagt Piratenpartei-Sprecher Fabio Reinhardt. Es gibt kein Wahlkampfteam, das koordiniert oder gar bestimmt, was gemacht wird. Auch hier gilt der offizielle Wahlkampfslogan "Klarmachen zum Ändern". "Wenn jemand 'ne Idee hat, dann macht er das einfach", sagt Reinhardt. Auf diese Weise kamen die "Piraten" auch kostenlos zu ihren Wahlkampfspots und -plakaten: Jemand organisierte einen Wettbewerb und aus den Einsendungen wählten die Mitglieder dann ihre Favoriten aus.

Die Unzufriedenen gewinnen

Der neue Vorsitzende der Piratenpartei, Jens Seipenbusch, posiert mit einer Fahne der Partei. Foto: ddp
Der neue Vorsitzende der Piratenpartei, Jens Seipenbusch, posiert mit einer Fahne der Partei. Foto: ddp © ddp

Die 2006 gegründete Partei setzt allerdings weniger auf den konventionellen Wahlkampf mit Plakaten und Spots. Sie will ein eigenes Wahlkampfportal im Internet einrichten und dieses mit sozialen Online-Netzwerken wie Xing vernetzen. "Wir wollen ein interaktives Piratenuniversum schaffen, in dem es einfach Spaß macht, sich zu bewegen", sagt Reinhardt. Mit einem unkonventionellem Wahlkampf will die Partei insbesondere diejenigen Bürger für sich gewinnen, die aus Unzufriedenheit mit den großen Parteien eigentlich gar nicht wählen wollen.

Auch Aktionen wie Fahrten mit ihrem Floß "Kon-Tiki" sollen den "Piraten" die Aufmerksamkeit der Wähler sichern. Zur Vorstellung des Wahlkampfkonzepts in einer Berliner Strandbar war das selbst gebaute Floß allerdings nicht fahrbereit - für die Berliner Gewässer sei es "untermotorisiert", räumt der Parteisprecher etwas zerknirscht ein.

Winziges Budget

Die Piratenpartei muss mit einem winzigen Budget auskommen. "Bis vor einigen Tagen hatten wir eigentlich ein völlig leeres Konto", sagt Reinhardt. Nach einem Spendenaufruf kamen aber innerhalb von 48 Stunden gut 12.000 Euro zusammen. Die Partei will nun möglichst all ihr Geld in den Bundestagswahlkampf stecken. Jetzt sei die Gelegenheit, die "Piraten" bekannt zu machen, meint Reinhardt.

Das Parteiprogramm konzentriert sich voll auf die "Bürgerrechte online und offline". Denn Union und SPD hätten die Freiheit der Bürger etwa durch Vorratsdatenspeicherung und BKA-Gesetz immer weiter eingeschränkt. Die Piratenpartei fordert eine liberalere Regelung des Urheberschutzes, die Nutzer von Musik-Tauschbörsen und ähnlichem nicht kriminalisiert, und ist außerdem für eine Lockerung der Patentgesetze.

FDP: Nehmen die Piraten ernst

Einen Erfolg kann die junge Partei mit ihren rund 5700 Mitgliedern bereits verbuchen: Die etablierten Parteien reagieren auf die Newcomer. So kritisierte der Schatten-Innenminister der SPD, Thomas Oppermann, auf "Spiegel Online" ihre die Ziele als "kriminell und unsozial". Oppermanns Parteikollegin, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, versicherte in der "Berliner Zeitung", dass ihre Partei "keine Zensurbehörde für das Netz etablieren" wolle. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bekannte in der "Leipziger Volkszeitung", dass er die Piratenpartei durchaus ernst nehme.

In 15 Bundesländern treten die "Piraten" an. Nur in Sachsen sind sie nicht vertreten. Dass die Partei am 27. September den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft, ist Umfragen zufolge aber unwahrscheinlich. Bei der Europawahl Anfang Juni kam sie in Deutschland nur auf 0,9 Prozent. Wenn auch der Einzug in den Bundestag nicht klappt, wäre das laut Parteisprecher Reinhardt aber nicht so schlimm. Die Piratenpartei könne schließlich auch auf andere Weise "Druck ausüben". (afp)