Düsseldorf. In NRW haben Handwerk und Landtagsopposition gefordert, in den Schulen mehr Wert auf Disziplin und Äußeres zu legen - damit später das Vorstellungsgespräch nicht zur Katastrophe wird. Dabei können Schüler eigentlich viel selber machen: Eine Broschüre gibt jetzt schon hilfreiche Tipps.

Die Handwerkskammer Düsseldorf hat schon vor Jahren ein Info-Faltblatt in Umlauf gebracht, das mit drastischen Bildern und klaren Ansagen ausgestattet ist. Schulabgänger, die für eine Lehre in Frage kommen und demnächst zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden könnten, sollten auf diesem Weg ein paar grundsätzliche Dinge kennenlernen. Man kann sie nicht mehr als gegeben voraussetzen.

„Haare, Make-Up, Tattoos, dem Anlass gemäße Kleidung, etwaige störende Angewohnheiten wie das Rauchen, die Körperhaltung und die Wortwahl: all diese Facetten prägen das Gesamt-Erscheinungsbild der Person der Bewerberin und des Bewerbers“, erklärt Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf. Wenn Jugendliche bei den sogenannten Sekundärtugenden versagen, ist das für Handwerksbetriebe besonders schade. Denn sie ringen um motivierten und leistungsfähigen Nachwuchs.

Auch Teamfähigkeit ist wichtig

„Sind bei einem Probepraktikum Handfertigkeit und Teamfähigkeit erkennbar, dann steht auch theorieschwächeren Schulabgängern die Zukunft sperrangelweit offen“, sagt Fuhrmann. Doch spielt selbst ein gutes Abschlusszeugnis schnell keine Rolle mehr, „wenn beim Vorstellungsgespräch mit großen Schritten in jedes Fettnäpfchen getreten wird“, so Fuhrmann. Auch wenn die Hürde der Bewerbung genommen sei, könnten Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit oder ein leichtfertiger Umgang mit Material hoffnungsvolle Karrieren schnell beenden.

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Die Klagen über fehlende Umgangsformen und Disziplin der Jugendlichen gewinnen vor dem Hintergrund der aktuellen Ausbildungsmisere in NRW an Bedeutung. Rund 24.000 junge Leute sind allein im vergangenen Ausbildungsjahr in NRW ohne die gewünschte Lehrstelle geblieben. Dem stehen rund 5000 offene Ausbildungsplätze gegenüber. DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber hat mehrfach die Kritik an der mangelnden Ausbildungsfähigkeit vieler Schulabgänger zurückgewiesen. Die Wirtschaft solle nicht so tun, als ob die Jugend „zu blöd“ für eine Lehrstelle wäre – und lieber stärker der eigenen Ausbildungsverantwortung nachkommen.

Die Lehrer haben den Freiraum, das zu vermitteln - heißt es

FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel dagegen hält die Debatte über eine Neubewertung von Sekundärtugenden für überfällig: „Gerade für eine Ausbildungsstelle kommt es neben reinen Fachleistungen ebenso auf das Arbeits- und Sozialverhalten an.“ Das gelte besonders für Schüler, die Stabilisierung brauchen.

Das NRW-Schulministerium verweist auf das Schulgesetz, das Lehrer auch Freiraum für erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen lasse. In einem neuen „Referenzrahmen Schulqualität“ werde weitere Orientierung für Klassenführung, Lernklima, Motivation und Umgang mit Werten und Normen gegeben, heißt es im Ministerium.

Beispiel aus Mülheim: Es lässt sich viel bewegen

Was man alles bewegen kann, hat die jüngst vom Initiativkreis Ruhr ausgezeichnete Leiterin der Mülheimer Hauptschule Hexbachtal, Ulrike Nixdorff, unter Beweis gestellt. Mit einem ungewöhnlichen Konzept hat sie die bald letzte Hauptschule der Stadt auf Vordermann gebracht. Klare Kleider- und Verhaltensregeln, verbindliche Fördersprechtage für Eltern und Schüler, konkrete Zielvereinbarungen für den schulischen Bereich und disziplinarische Fragen – mit diesem Instrumentarium erreichen Hauptschüler aus dem Hexbachtal überdurchschnittlich oft einen Ausbildungsplatz.