Jerusalem. . Zwei palästinensische Angreifer haben bei dem ersten Terroranschlag auf eine Jerusalemer Synagoge vier jüdische Betende getötet. Die Täter wurden nach wenigen Minuten von Polizisten erschossen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu machte die Hamas mitverantwortlich und kündigte Vergeltung an.

Die Gläubigen waren gerade beim Morgengebet, als Attentäter, mit Messern und Äxten bewaffnet, in die Synagoge eindrangen. Die zwei Palästinenser richteten am Dienstag in dem Gotteshaus in Har Nof am Westrand Jerusalems ein Blutbad an: Sie töten vier betende Juden auf bestialische Weise, sie verletzen zehn weitere, bevor sie selbst von Polizisten erschossen werden.

Verstörende Bilder zeugen später von den Minuten des Schreckens: ein blutverschmiertes Schlachtermesser auf dem Boden. Ein jüdischer Gebetsschal zwischen den Bänken, ebenfalls mit Blutspritzern. Augenzeugen sprechen von einem „Massaker“. Drei der Todesopfer waren aus den USA nach Israel eingewandert, einer der Männer stammte aus Großbritannien.

Blutverschmiertes Beil

Der freiwillige Sanitäter Avi Nafussi (28) wird den Anblick in der Synagoge Har Nof nie vergessen. Er wohnt direkt neben dem jüdischen Gebetshaus, in dem sechs Menschen starben. Nafussi war schon zur Stelle, bevor die Polizei die beiden palästinensischen Angreifer niederstreckte. „Ich blieb hinter meinem Auto in Deckung“, berichtet er am Telefon, „bis mich die Sicherheitskräfte zur Bergung der Verletzten riefen“. Nafussi berichtet, dass die vier ermordeten jüdischen Betenden, die er zum Teil selbst kannte, „nicht an Schusswunden gestorben sind“. Armeesprecher Peter Lerner twitterte später Bilder vom Ort des Attentates. Eines zeigt ein blutverschmiertes Beil.

Es muss ein regelrechtes Gemetzel unter den ultraorthodoxen Betenden gewesen sein. „Dies“, so twittert ein Palästinenser an den israelischen Polizeisprecher zurück, sei „die Antwort auf den Lynchmord eines palästinensischen Busfahrers“. Am späten Sonntagabend war der Fahrer kurz vor Beginn seiner Schicht erhängt in seinem Fahrzeug aufgefunden worden. Eine Autopsie, an der auch ein palästinensischer Arzt beteiligt war, ergab, dass der Busfahrer Selbstmord beging. Das Gerücht von einem Mord durch jüdische Extremisten war dennoch nicht aufzuhalten.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu beeilte sich, die Hamas und den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas, dessen „Hetze die internationale Gemeinschaft unverantwortlicherweise ignoriert“, für den Gewaltakt in der Synagoge mitschuldig zu erklären.

Palästinenser-Präsident Abbas verurteilt Attentat und "die Morde an Unschuldigen"

Abbas selbst verurteilte das Attentat und „die Morde an Unschuldigen“. Joram Cohen, Chef des inländischen israelischen Geheimdienstes Shin Bet, widersprach seinem Regierungschef: Abbas sei an Terror nicht interessiert. Die Hamas pries hingegen den Terrorakt. Er käme keinesfalls überraschend, so Ghazi Hamas, Sprecher der Islamisten im Gazastreifen. Jerusalem „koche“.

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Netanjahu kündigte an, mit „harter Hand“ auf den seit sechs Jahren schwersten Anschlag in Jerusalem zu reagieren. Seine Handlungsmöglichkeiten sind aber nicht groß. Er kann die Familienhäuser der Terroristen abreißen lassen, außerdem will Sicherheitsminister Yitzhak Aharonowitsch für die Bewaffnung der israelischen Zivilisten sorgen. „Wir werden stark sein und unsere Stadt vor denen schützen, die den Frieden stören wollen“,sagte Bürgermeister Nir Barkat.

Unruhen nach Festnahmen

Seit Wochen vergeht kaum ein Tag in Jerusalem ohne Anschlag. Die Attentäter zeugen von so großer Bereitschaft zum Freitod, dass ihnen mit Abschreckung kaum zu begegnen ist. Die Terroristen aus der Synagoge sind Cousins, Mitte 20 und aus dem Ostjerusalemer Viertel Jabel Mukaber. Am Nachmittag kam es dort zu Unruhen, nachdem die Polizei Familienangehörige der beiden festnahm. Außenminister Frank-Walter Steinmeier mahnte: „Die Überlagerung der zahlreichen ungelösten politischen Fragen mit religiöser Konfrontation gibt einem ohnehin ernsten Konflikt eine neue gefährliche Dimension.“