Augsburg. Ein skurriler Tierschutz-Prozess beginnt am Donnerstag in Augsburg. Vor Gericht steht ein Rentner-Ehepaar, das seinen Hund überfüttert hatte. Zuletzt wog der Pekinese 22 Kilo - fast viermal das Normalgewicht. Als der Tierarzt Sorgen äußerte, wurde er bedroht.

Die fetten Zeiten sind vorbei: Die als "Dicke Daisy" bekannt gewordene Augsburger Hündin kann wieder auf den eigenen Beinen durch den Garten laufen. Was bis vor wenigen Monaten noch undenkbar war, ist für die Pekinesen-Mischlingsdame nun wieder Normalität. "Als ich Daisy bekommen habe, konnte sie die Beine nicht durchdrücken, sich nicht erheben", berichtet die neue Hundehalterin Claudia Bayerl im dapd-Interview. Das Tier war so dick, dass sogar das Augsburger Amtsgericht eingreifen musste.

Die Richter hatten wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eine Strafe von mehreren Tausend Euro gegen die ehemaligen Besitzer des Tieres - ein älteres Ehepaar - verhängt. Zudem wurden die 69-jährige Frau und ihr 71-jähriger Mann wegen Beleidigung und Bedrohung bestraft, weil sie den Tierarzt beschimpften, als dieser dringend zu einer Diät für den Hund riet. Tierarzt Peter C. sagt, er habe von den ehemaligen Hundehaltern einen Brief erhalten, in dem gedroht wurde, dass seine Praxis abgefackelt werde.

Da das Paar Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat, kommt es nun zu einer Gerichtsverhandlung. Diese musste monatelang hinausgeschoben werden, da einer der Beschuldigten aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig gewesen sein soll. Nun gibt es einen Termin: Am Donnerstag (10. Januar, 14.00 Uhr) soll Daisy endlich Gerechtigkeit für ihr Übergewicht widerfahren.

Zehn Kilo sind schon runter

22 Kilogramm brachte die Hündin nach Bayerls Angaben im April vergangenen Jahres auf die Waage und damit fast viermal so viel wie das Normalgewicht von sechs Kilogramm. "Sie ruderte praktisch mit den Füßen in der Luft", beschreibt Tierarzt Peter C. den damaligen Zustand des Tieres: extreme Kurzatmigkeit, zwei gerissene Kreuzbänder, der Herzschlag war nicht mehr zu hören.

Auf Röntgenaufnahmen sei nur noch Fett zu sehen gewesen. Er habe darüber nachgedacht, sie einzuschläfern, "um ihr weiteres Leid zu ersparen".

Was für Abnehmtricks helfen einem Hund? 

Heute - nach einer radikalen Diät - wiegt Daisy noch zwölf Kilogramm. Immer noch das doppelte des Idealgewichts, aber Bayerl ist mit den Fortschritten sehr zufrieden. "Ich habe das Essen immer verteilt, sodass der Hund durch den Garten robben musste, um Nahrung zu bekommen", verrät sie einen ihrer Abnehmtricks. Inzwischen kann das Tier sich wieder auf allen Vieren anstatt nur auf dem Bauch fortbewegen.

Gegen die ehemaligen Besitzer der etwa sieben Jahre alten Hündin erhob die Tierfreundin schwere Vorwürfe. "Sie haben Daisys Persönlichkeit gebrochen", sagt Bayerl. Diese sei mit der Zeit immer lethargischer geworden und habe schließlich aufgegeben.

Die ehemalige Besitzerin wies dies energisch zurück. Der Hund sei schon fett gewesen, als sie ihn bekommen habe, betont die Augsburgerin. Behauptungen, dass sie und ihr Mann ihn mit Pralinen gefüttert hätten, seien eine Lüge. Sie habe schon vier andere Hunde gehabt, die alle gertenschlank gewesen seien. Die Auseinandersetzung um Daisy mache sie "fix und fertig". Weder mit Frau Bayerl noch mit dem Tierarzt wolle sie je wieder etwas zu tun haben.

Bayerl startet Homepage gegen Tierquälerei

Der Fall Daisy inspirierte Bayerl zu einem Projekt, mit dem sie die öffentliche Aufmerksamkeit für Tierquälerei schärfen will. Mit der Homepage schutz-fuer-tiere.de will Bayerl eine Anlaufstelle für Menschen bieten, die eine Gefährdung von Tieren beobachten. "Es gibt ganz viele Daisys", sagt Bayerl, die neben der Pekinesen-Mischlingsdame schon drei weitere Hunde aus Problemsituationen adoptiert hat.

Auf der Homepage könnten Menschen Misshandlungen von Tieren melden, erläutert sie. Nach einer Prüfung der Informationen würden gegebenenfalls die entsprechenden Behörden alarmiert. Auch wenn 30 Katzen in einer Wohnung auf engstem Raum gehalten würden, sei das Tierquälerei und müsse verfolgt werden. Daisys Rettung hält Bayerl daher für einen besonderen Erfolg. Denn es passiere nicht oft, dass jemand wegen Tierquälerei belangt werde. (dapd)