Essen. Vor Gericht geht es um einen Mordfall in der Essener Trinkerszene. Ein 46-Jähriger soll einen Obdachlosen erwürgt haben. Der Grund: 150 Euro.

Friedlich schlief der Obdachlose in seinem Nachtlager auf einem verwaisten Supermarkt-Gelände an der Altendorfer Straße. Da kam sein Mörder, stahl dem 49 Jahre alten Andreas H. 150 Euro und erwürgte ihn.

Jetzt muss sich Ulrich B. (46) vor dem Essener Schwurgericht wegen Mordes verantworten. Doch er bestreitet, seinen Freund und Mitzecher in der Nacht zum 9. April 2019 getötet zu haben.

Tiefe Einblicke in die Trinkerszene gewährt das Verfahren. Um Alkohol dreht sich der Tagesablauf. Und wenn kein Geld mehr da ist, wird auch mal einer der Saufkumpanen bestohlen. Der Angeklagte Ulrich B. lebt nicht auf der Straße, hat sogar eine eigene Wohnung. Immer mal wieder nahm er dort auch Obdachlose auf. "Und dann wurde ich natürlich auch beklaut", sagt er.

Angeklagter gilt in der Trinkerszene als aggressiv

Laut Anklage gilt Ulrich B. in der Szene als aggressiv, wenn er getrunken hat. Psychiater Frank Sandlos bescheinigt ihm in seinem vorläufigen Gutachten eine paranoide Schizophrenie und eine Abhängigkeit vom Alkohol. Er stuft ihn auch als gefährlich ein. Staatsanwältin Birgit Jürgens spricht deshalb in ihrer Anklage zwar von einer verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten, denkt aber auch an dessen Einweisung in die geschlossene Psychiatrie.

Aber dafür muss Ulrich B. erst einmal die Tat nachgewiesen werden. Er selbst sieht sich als unschuldig. In jener Nacht sei er zwar zweimal zum Nachtlager seines Freundes gegangen, habe ihn zum Schluss aber leblos angetroffen und deshalb den Rettungswagen gerufen.

Opfer hatte vom Betreuer 150 Euro bekommen

Die Anklage erinnert daran, dass Ulrich B. mitbekommen habe, dass Andreas H. einen Tag vor der Tat von seinem Betreuer 150 Euro ausgehändigt bekommen habe. Das Geld habe der Angeklagte sich leihen wollen, Andreas H. habe das aber abgelehnt.

Ulrich B. sei dann gegen zwei Uhr morgens noch einmal zu dem Nachtlager des Obdachlosen gegangen. Andreas H. habe geschlafen. Er habe ihm 150 Euro aus dem Portemonnaie genommen, "weil er unbedingt an das Geld kommen wollte, um sich weiteren Alkohol kaufen zu können", heißt es in der Anklage von Staatsanwältin Jürgens.

Heimtücke, Habgier und Verdeckung einer Straftat

Anschließend habe er sein Opfer erwürgt. Jürgens: "Um nicht als Täter überführt zu werden." Gleich drei Mordmerkmale sieht sie erfüllt: Heimtücke, Habgier und zur Verdeckung einer Straftat.

Objektive Beweise gibt es wohl nicht. Belastet wird Ulrich B. vor allem durch seine nächtliche Anwesenheit am Tatort und durch seinen damaligen Mitbewohner, der damals mit Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben war. Dieser hatte der Polizei nach seiner Festnahme erzählt, in der Zeit nach dem Tod von Andreas H. habe Ulrich B. oft gerufen: "Ich habe einen umgebracht."

Acht Sitzungstermine sind geplant

Und es gibt Aussagen von Mitgliedern der Trinkerszene, dass sich das spätere Opfer oft beschwert habe, beklaut zu werden. Und als Schuldigen habe er dabei den jetzt Angeklagten genannt. Andere erzählen, der Angeklagte sei wegen seiner Drogenabhängigkeit, er nahm auch Kokain, immer pleite gewesen.

Wie belastbar diese Aussagen aus der Trinkerszene sind, will das Schwurgericht an zunächst acht geplanten Sitzungsterminen klären.