Washington. . Nach dem Absturz seines „SpaceShip Two“ muss sich Richard Branson heftige Vorwürfe machen lassen. Doch der Milliardär will nicht aufgeben. Er plant weiterhin, Touristen ins All zu schicken.

Auch im Angesicht der Trümmer, die über 20 Meilen verstreut in der Mojave-Wüste von Kalifornien liegen, blieb Richard Branson seinem Markenzeichen treu: Zuversicht selbst in der dunkelsten Stunde. Nach dem durch eine Explosion ausgelösten Absturz seines Weltraum-Gleiters „SpaceShipTwo“, bei dem Testpilot Michael Alsbury (39) ums Leben kam und Co-Pilot Peter Siebold (43) verletzt überlebte, versprach der britische Unternehmer an Ort und Stelle: „Wenn wir wissen, was schiefgelaufen ist und das Problem lösen können, werden wir dafür sorgen, dass der Traum weitergeht. Der Weltraum ist gefährlich. Aber es lohnt sich.“

Optimismus, den die Fachszene laut US-Medien nicht teilt. Von „gewaltigem Vertrauensverlust“ und dem frühen Aus für den kommerziellen Tourismus ins All ist bereits die Rede. Und davon, dass Bransons Firma „Virgin Galactic“ Warnsignale ignoriert haben könnte. Die Aussicht, spätestens ab Frühjahr 2015 regelmäßig gut betuchten Abenteuerlustigen für einen Ticket-Preis von 250.000 Dollar ein paar Minuten Schwerelosigkeit zu bieten, könne Branson auf Jahre begraben, sagt Raumfahrt-Experte Clive Irving. Nach dem Crash hat das staatliche „National Transportation Safety Board“ das Kommando bei der Rekonstruktion des Unglücks übernommen. Der Direktor erwartet Abschließendes erst in einem Jahr. Branson aber sitzt nicht nur die Zeit im Nacken.

Jungfern-Flug ständig verschoben

Sein Projekt startete 2004. 2007 sollten die ersten bemannten Flüge ins All stattfinden. Stattdessen starben in jenem Jahr bei einem Triebwerktest am Boden drei Ingenieure. Seither erweckte der auf 4,5 Milliarden Euro Vermögen taxierte Tausendsassa oft den Eindruck, als stünde der Jungfern-Flug kurz bevor; mit ihm an Bord. Regelmäßig wurden die Termine verschoben. Warum, wurde nie erklärt.

Branson verwies stattdessen gerne auf die Liste der knapp 700 Pioniere, darunter Hollywood-Prominenz von Tom Hanks bis Angelina Jolie, bei denen Anzahlungen von 90 Millionen Dollar eingesammelt worden seien. Geld, das jederzeit zurückerstattet werden kann, gab Branson jetzt kleinlaut bekannt.

Bis heute sind eine Milliarde Dollar in die Unternehmung geflossen, ein Drittel stammt aus einem Investmentfond in Abu Dhabi. Zudem hat der US-Bundesstaat New Mexiko 210 Millionen Dollar aus Steuergeldern bereitgestellt, um einen Weltraumflughafen in die Wüste zu setzen. Verbunden mit der Hoffnung auf Tausende Arbeitsplätze, wie Gouverneurin Martinez betont. Auch durch Tourismus. Alles Schall und Rauch?

Fünf Minuten Schwerelosigkeit

In den Broschüren, die in der Einöde des Südens ausliegen, liest sich der Plan faszinierend. Die von Flug-Visionär Burt Ruten entworfenen Raumschiffe mit je acht Menschen an Bord sollen vom Trägerflugzeug, das wie ein fliegender Katamaran aussieht („White-Knight-Two“), huckepack auf 15.000 Meter Höhe geschleppt werden. Dort klinkt sich das 20 Meter lange „SpaceShip-Two“ aus.

Rakete explodiert bei Start zur ISS

Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter "Cygnus" explodierte Dienstagabend (Ortszeit) im US-Bundesstaat Virginia beim Start zur Internationalen Raumstation ISS. Nach ... © dpa
... Angaben der US-Raumfahrtbehörde NASA gab es weder Tote noch Verletzte. Die Rakete ...
... Angaben der US-Raumfahrtbehörde NASA gab es weder Tote noch Verletzte. Die Rakete ... © dpa
... sollte Lebensmittel und anderen Nachschub zur ISS bringen, wo der deutsche Astronaut Alexander Gerst und ...
... sollte Lebensmittel und anderen Nachschub zur ISS bringen, wo der deutsche Astronaut Alexander Gerst und ... © dpa
... fünf Kollegen momentan arbeiten. Nach Angaben der NASA waren keine unbedingt notwendigen ...
... fünf Kollegen momentan arbeiten. Nach Angaben der NASA waren keine unbedingt notwendigen ... © dpa
... Überlebensgüter an Bord. Die Ursache für die Explosion ist noch unklar.
... Überlebensgüter an Bord. Die Ursache für die Explosion ist noch unklar. © dpa
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter "Cygnus" explodierte beim Start zur Internationalen Raumstation ISS. © dpa
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter "Cygnus" explodierte beim Start zur Internationalen Raumstation ISS. © dpa
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter "Cygnus" explodierte beim Start zur Internationalen Raumstation ISS. © dpa
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter "Cygnus" explodierte beim Start zur Internationalen Raumstation ISS. © dpa
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter
Eine Rakete mit dem unbemannten Versorgungsfrachter "Cygnus" explodierte beim Start zur Internationalen Raumstation ISS. Auf diesem Foto vom 27. Oktober ist die Rakete noch intakt. © dpa
1/10

Dann zünden die beiden Piloten ein Raketentriebwerk, das den Raumflieger in 30 Sekunden auf 4200 km/h beschleunigt und auf auf eine Höhe von bis zu 140 Kilometer bringt. Nach fünf Minuten Schwerelosigkeit und staunenden Blicken durch große Bullaugen auf Mutter Erde geht es wieder hinab. Zwei Stunden nach dem Start landet der Gleiter wie ein konventionelles Flugzeug auf dem Weltraumflughafen.

„Der Testflug war Russisches Roulette"

Was sich einfach anhört, stellt die Macher im Detail vor große Probleme. Achillesferse ist der Raketenantrieb. Bransons Biograph Tom Bower heizte am Wochenende die Spekulation über ein fahrlässiges Verhalten bei Virgin Galactic an. Ingenieure hätten lange vor dem Experimentieren mit Treibstoffen gewarnt. Bei dem Unglücksflug kam erstmals eine auf Plastik basierende Mischung zum Einsatz. Branson verwahrte sich gegen voreilige Schlüsse. Carolynne Campbell, Expertin für Raketen-Antrieb bei der „International Association for the Advancement of Space Safety, hält dagegen: „Die Explosion ist keine Überraschung. Der Testflug war Russisches Roulette.“