Mexiko-Stadt. . Eine Bande aus Politikern, örtlichen Polizisten und Drogenhändlern steckt hinter dem Verschwinden junger Leute in Mexiko. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf einen Sumpf der Korruption und Gewalt. Tausende Demonstranten gehen im ganzen Land aus Solidarität auf die Straße.

Seit fast einem Monat werden in Mexiko Dutzende Studenten vermisst, jetzt kommt langsam Licht ins Dunkel: Verantwortlich für das Verbrechen sollen der Bürgermeister der Stadt Iguala und seine Frau sein. José Luis Abarca habe die örtliche Polizei sowie Mitglieder der kriminellen Organisation "Guerreros Unidos" angewiesen, die jungen Leute abzufangen, sagte Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam am Mittwoch (Ortszeit).

Offenbar wollte der Rathauschef verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Frau als Vorsitzende des lokalen Familien- und Kinderschutzbundes störten. María de los Ángeles Pineda Villa stammt aus einer Drogenhändlerfamilie und ist nach Einschätzung der Ermittler die örtliche Chefin der "Guerreros Unidos". Der Bürgermeister, seine Ehefrau und der Sicherheitschef von Iguala sind untergetaucht. Gegen sie wurde Haftbefehl erlassen.

Behörden von kriminellen Organisationen unterwandert

Das Europäische Parlament verurteilte am Donnerstag die Entführung der Studenten und forderte schnelle und transparente Ermittlungen. In der Entschließung äußerten sich die Abgeordneten besorgt "über die offensichtliche Unterwanderung örtlicher Strafverfolgungs- und Verwaltungsbehörden durch das organisierte Verbrechen".

Am 26. September hatte die Polizei mehrere Busse der Studenten in Iguala gestoppt und das Feuer eröffnet. Dabei kamen sechs Menschen ums Leben, darunter auch Unbeteiligte. 43 Studenten des linken Lehrerseminars Ayotzinapa wurden verschleppt. Von ihnen fehlt bis heute jede Spur.

Aus Solidarität mit den Verschleppten gingen im ganzen Land Tausende auf die Straße. In Mexiko-Stadt zogen 50.000 Demonstranten unter dem Motto "Lebend wurden sie genommen, lebend wollen wir sie zurück" vom Unabhängigkeitsdenkmal zum zentralen Platz Zócalo.

In der Provinzhauptstadt Chilpancingo drangen Kommilitonen der Vermissten in Verwaltungsgebäude der Bundesregierung ein. In Iguala steckten Vermummte das Rathaus in Brand. Zehn Randalierer wurden festgenommen.

Vermisste Studenten sind womöglich tot

Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass die jungen Leute nicht mehr am Leben sind. Offenbar übergaben die Polizisten die Studenten an die "Guerreros Unidos", die sie wiederum für Mitglieder der verfeindeten Gang "Los Rojos" hielten. Der in der vergangenen Woche gefasste Anführer der "Guerreros Unidos", Sidronio Casarrubias Salgado, habe daraufhin angeordnet, "das Territorium zu verteidigen", sagte Generalstaatsanwalt Karam.

Der Bandenchef habe im Verhör tiefe Einblicke in die kriminellen Strukturen in Iguala gegeben, sagte Murillo Karam weiter. So habe die Gang regelmäßig Geld vom Bürgermeister erhalten. Zudem hätten die "Guerreros Unidos" direkt über die Vergabe von Posten in der örtlichen Polizei entschieden. Bürgermeistergattin Pineda Villa habe aus dem Rathaus heraus die kriminellen Aktivitäten geleitet. (dpa)