Washington/St.Louis. Nachdem im US-Bundesstaat Missouri erneut ein schwarzer Jugendlicher von einem weißen Polizisten erschossen worden ist, rufen schwarze Interessengruppen zu einem “Wochenende des Widerstandes“. Der Tod des 18-Jährigen sorgte für eine Protestwelle. Die Behörden erwarten schon bald eine Eskalation.

Zwei Monate nach den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf den 18-jährigen Schwarzen Michael Brown in Ferguson/Missouri ist wenige Kilometer entfernt erneut ein junger Afro-Amerikaner von einem Ordnungshüter nach einer umstrittenen Konfrontation erschossen worden. Der Tod von Vonderrit Myers (18) hat im Großraum St. Louis abermals eine Protestwelle und nächtliche Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei ausgelöst. Für Samstag stellen sich die Behörden auf eine Eskalation ein. Zu einem „Wochenende des Widerstandes“, zu dem schwarze Interessen-Gruppen aufgerufen haben, werden Besucher aus vielen Teilen Amerikas erwartet.

Hauptgrund: Viele Afro-Amerikaner haben laut Umfragen nach dem juristisch bisher nicht geahndeten Fall Michael Brown das Vertrauen in die Polizei restlos verloren. „Die Cops lügen. Hier wird wieder und unter den Teppich gekehrt“, klagte Joseph Cotton, der Großvaters Myers‘, gegenüber der Zeitung St. Louis Post-Dispatch.

Schütze war als Elite-Soldat im Irak

Nach Angaben von Polizeichef Sam Dotson war Myers am Mittwochabend mit zwei Begleitern im Stadtteil Shaw unterwegs. Ein Polizist, der nicht im Dienst war und nebenberuflich für eine Sicherheitsfirma Streife fuhr, wurde auf die Männer aufmerksam. Warum? Bisher nicht bekannt. Als Myers weglief, nahm der Cop die Verfolgung auf. „Es kam zu einer Rangelei, Myers war aggressiv“, sagte Dotson. Als der junge Mann auf den Beamten, der vor Jahren als Elite-Soldat der „Marines“ im Irak-Krieg im Einsatz war, das Feuer eröffnet und drei mal abgedrückt habe, kam die Antwort: 17 Schüsse aus der Dienstpistole. Ein Kopftreffer war nach vorläufigen Obduktionsergebnissen tödlich. Der 32-Jährige Polizist, dessen Identität bisher geheim gehalten wird, wurde beurlaubt.

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Myers‘ Familie bestreitet, dass Vonderrit bewaffnet gewesen sein soll. „Er trug ein Sandwich in der Hand“, sagte seine Mutter. Dagegen stellte die Polizei nach eigenen Angaben am Tatort eine weggeworfene Waffe Kaliber 9-Millimeter sicher. Und wies auf Myers‘ Vorgeschichte hin. Wegen unerlaubten Waffenbesitzes sollte sich der Schüler im November vor dem Richter verantworten. Er war auf Kaution auf freiem Fuß. Ein elektronisches Knöchelband überwachte seine Bewegungen.

Untersuchung durch Bundesbehörden

Für Bürgerrechtsgruppen und schwarze Politiker wie Jamilah Nasheed sind diese Aspekte zweitrangig. „Warum ist der Beamte überhaupt eingeschritten? Weil drei Schwarze abends auf der Straße unterwegs waren und einer plötzlich weglief? Hier handelt es um eine Fahndung nach rassistischen Kriterien, die ein tödliches Ende fand“, sagte die demokratische Senatorin des Bundesstaates Missouri und verlangte eine Untersuchung durch Bundesbehörden. 

Welche Konsequenzen der Tod von Vonderrit Myers bei den an diesem Wochenende angekündigten Protestmärschen haben kann, zeigte sich bereits am Donnerstagabend. Nach einer friedlichen Mahnwache für das Opfer gerieten 300 Protestierende und die Polizei in St. Louis aneinander. Pfefferspray und Schlagstöcke wurden eingesetzt, mehrere Demonstranten verhaftet.