Essen. . Zusammenstöße mit Rehen, Hirschen oder Wildschweinen bleiben für Autofahrer eine große Gefahr. 2013 registrierten die deutschen Versicherer 247.000 Wildunfälle. Wir erklären, wie Sie sich verhalten sollten, wenn Sie Tiere am Fahrbahnrand entdecken und welche Versicherung für Schäden aufkommt

Herbstzeit ist Wildwechselzeit. Zusammenstöße mit Rehen, Wildschweinen und anderem Wild bleiben laut Angaben der deutschen Versicherer für Autofahrer eine große Gefahr. Sie registrierten im vergangenen Jahr etwa 247.000 Wildunfälle, nur vier Prozent weniger als im Rekordjahr 2012. Die Unfälle verursachten Kosten in Höhe von 564 Millionen Euro. Doch nicht immer bleibt es beim Blechschaden. Dem Statistischen Bundesamt zufolge werden pro Jahr zwischen 2000 und 3000 Menschen bei Wildunfällen verletzt und bis zu 30 getötet. Wir erklären, wie Sie sich verhalten sollten, wenn Sie Tiere auf der Fahrbahn entdecken, was nach einem Zusammenstoß zu beachten ist und welche Versicherung für Schäden aufkommt.

Vorbeugung

Wildbrücken, Wildtunnel, Duftzäune, blaue Reflektoren – es gibt eine Reihe von technischen Mitteln, mit denen versucht wird, die Zahl der Wildunfälle signifikant zu senken. „Uns ist nicht bekannt, dass eine dieser Erfindungen nachhaltig Wirkung gezeigt hat“, sagt Stephan Schweda vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Der unfallträchtige Oktober

Die Unfallforscher der deutschen Versicherer haben das Thema Wildunfälle detailliert untersucht. Demnach ist der Oktober der unfallträchtigste Monat. Besonders gefährlich ist den Forschern zufolge die Zeit von 5 bis 8 Uhr und 17 bis 22 Uhr.

Vermehrt queren Wildtiere auch in der Brunftzeit im April/Mai sowie Juli/August Straßen.

In Deutschland gibt es 30.000 Zonen, in denen Wildtiere vermehrt die Straßen queren. Diese sind mit Schildern ausgezeichnet.

Die wirksamste Prävention beginne beim Faktor Mensch. „Angepasstes Fahren ist das Entscheidende“, sagt Schweda. Straßenabschnitte, in denen vermehrt mit Wildwechsel zu rechnen ist, seien entsprechend ausgeschildert. Am Rande von Wiesen, Feldern und Wäldern sollten Autofahrer vor allem in der Dämmerung vom Gas gehen und besonders vorausschauend fahren. „Es ist ein riesiger Unterschied, ob Sie im Fall der Fälle mit 50 oder 80 Stundenkilometern gegen eine Wildsau fahren“, so Schweda. Eine Reduzierung der Geschwindigkeit um 30 Kilometer pro Stunde verkürzt den Anhalteweg laut GDV um mehr als 35 Prozent.

Tiere in Sicht

Taucht ein Tier am Straßenrand oder auf der Fahrbahn auf, raten Unfallforscher zum Abbremsen und Hupen. Das Signal könne das Tier am wirkungsvollsten vertreiben. Dringend vermeiden sollten Autofahrer das Aufblenden ihres Lichtes. Das verwirre die Tiere, sie verlören die Orientierung und liefen oft instinktiv auf die Lichtquelle zu. Der Deutsche Jagdverband weist darauf hin: Sieht ein Autofahrer ein Tier am Rande der Straße, sollte er immer mit weiteren rechnen. Wildtiere seien selten allein unterwegs.

Der Zusammenstoß

Das Tier lässt sich nicht „weghupen“ und kommt beim Bremsen immer näher? „Wir empfehlen im Zweifel einen kontrollierten Zusammenstoß“, sagt Stephan Schweda. Weil ein Ausweich-Manöver in der Regel das größere Risiko böte, mit anderen Verkehrsteilnehmern oder Bäumen zu kollidieren. Also: Bremsen, Lenkrad festhalten und möglichst geradeaus fahren.

Nach einem Unfall

Nach einem Zusammenstoß müssen Autofahrer das Warnblinklicht einschalten, die Warnweste anziehen, aussteigen und die Unfallstelle mit dem Warndreieck sichern. Anschließend müssen sie die Polizei informieren. Die kontaktiert den zuständigen Förster oder Jagdpächter. Verletzte Tiere sollten nicht angefasst werden. Anschließend sollten Autofahrer Fotos von Tier, Unfallort und Schaden am Fahrzeug machen und sofort die Versicherung informieren.

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Sollten Autofahrer angefahrene Tiere einfach am Straßenrand zurücklassen, verstoßen sie gegen das Tierschutzgesetz. Wer Tiere eigenmächtig mitnimmt, begeht eine Straftat: Wilderei.

Der Versicherungsfall

Als Wildunfälle gelten in der Regel nur Zusammenstöße mit sogenanntem Haarwild. Dazu zählen laut Jagdgesetz Rehe, Hirsche, Füchse, Wildschweine, Marder, Dachse oder Hasen. Voll- und Teilkaskoversicherung zahlen für die Reparatur der Schäden am Auto. Für Unfälle mit Vögeln, Ziegen, Pferden, Rindern oder Schafen zahlt nicht jede Teilkaskoversicherung. Dafür brauchen Verbraucher einen erweiterten Schutz, der mitunter „Tiere aller Art“ oder „alle Wirbeltiere“ einschließt, so der GDV. Wer oft auf Landstraßen unterwegs ist, sollte seine Versicherungsbedingungen überprüfen.

Ein Ausweichmanöver ist versicherungstechnisch zulässig und wird von der Teilkasko abgedeckt, wenn dadurch größerer Schaden vermieden wird (Az.: IV ZR 321/95). Der Fahrer ist aber gegenüber der Versicherung in der Nachweispflicht. Gemäß aktueller Rechtsprechung muss der Fahrer dafür den Zusammenprall mit einem Wildschwein, Reh oder Hirsch vermieden haben. Eine Vollkasko-Versicherung zahlt auch, wenn das nicht der Fall war. Ausnahmen: Der Unfall wurde vorsätzlich herbeigeführt. Wichtig: Für eine zügige Regulierung des Schadens brauchen Versicherte eine sogenannte Wildunfallbescheinigung, die von Polizei, Förster oder Jagdpächter ausgestellt wird.