Stockholm. Der Deutsche Stefan Hell bekommt den Chemie-Nobelpreis. Gemeinsam mit zwei US-Kollegen, die ebenfalls ausgezeichnet werden, hat der Göttinger eine spezielle Technik für Mikroskopie entwickelt. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mit.
Für einen exakten Blick in lebende Zellen erhalten der deutsche Forscher Stefan Hell sowie zwei US-Amerikaner den Chemie-Nobelpreis. Mit ihren Supermikroskopen lasse sich etwa beobachten, wie sich Eiweiße bei der Entstehung von Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson zusammenlagern, teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mit.
Der 51-jährige Hell stimulierte in seinem Mikroskop winzige Untersuchungsobjekte mit Hilfe von Laserstrahlen zur Fluoreszenz - sie leuchten dann selbst. Die US-Forscher Eric Betzig und William Moerner entwickelten unabhängig davon eine ähnliche Technik.
Hell will Technik in der Krebsforschung einsetzen
Hell arbeitet am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie in Göttingen. Zudem sucht er am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg nach Wegen, seine Technik auch in der Krebsforschung einzusetzen.
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Alle drei Forscher erhalten den Preis für die Entwicklung der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie. Die höchste Auszeichnung für Chemiker ist mit umgerechnet rund 880.000 Euro (8 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.
"Ich konnte es nicht glauben"
Hell hat die Vergabe an ihn völlig überrascht. "Ich konnte es nicht glauben", sagte er nach der Bekanntgabe in Stockholm am Telefon während der Pressekonferenz. "Glücklicherweise habe ich die Stimme von Staffan Normark wiedererkannt, deshalb habe ich realisiert, dass es wahr ist. Aber ich habe eine Weile gebraucht, das zu realisieren." Der Ständige Sekretär der schwedischen Wissenschaftsakademie hatte dem deutschen Preisträger die Nachricht am Vormittag vor der offiziellen Verkündung überbracht.
"Die Arbeit der Preisträger hat es möglich gemacht, molekulare Prozesse in Realzeit zu verfolgen", sagte Sven Lidin, der Vorsitzende des Nobel-Komitees für Chemie. Nun könne man auch sehen, wie sich krankmachende Eiweiße zusammenlagern. "Dies hat uns sogar die strukturellen dynamischen Veränderungen von Neuronen im Gehirn gezeigt, die während Lernprozessen stattfinden." Die neue Mikroskopie "sagt uns nicht nur wo, sondern auch wann und wie".
Proteine von wenigen Nanometern beobachten
Lange Zeit war die Auflösung der Lichtmikroskopie auf natürliche Weise begrenzt. Sie konnte keine Strukturen abbilden, die kleiner waren als die Hälfte einer Wellenlänge des Lichtes - das sind 200 Nanometer und damit etwa die doppelte Größe von Viren.
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Diese Grenze wurde durch die neue Technik gesprengt. Nun lassen sich Proteine von wenigen Nanometern beobachten. "Diese grundlegende Arbeit hat die optische Mikroskopie in den Nanometer-Bereich gebracht", schreibt das Nobel-Komitee.
Betzig wollte in München einen Vortrag halten
Glücklich und überrascht reagierte der US-Amerikaner Betzig, der sich gerade in München aufhält, auf die Verkündung des Preises: "Ich gucke seit einer halben Stunde auf meinen Computer, aber könnte genau so gut ins Nichts gucken. Ich bin wie gelähmt", sagte der 54-Jährige.
"Das vorherrschende Gefühl ist eigentlich Überraschung. Totale Überraschung." Betzig wollte noch am Mittwoch in München einen Vortrag halten. "Ich werde das natürlich tun. Deshalb bin ich hierhergekommen und es gibt keinen Grund, nun nicht weiterzuarbeiten."
Die feierliche Überreichung der Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. (dpa)