Karlsruhe. Als Wirtschaftszweig ist sie schwer zu greifen. Wahrsager oder selbsternannte Heiler verkaufen und versprechen viel. Was sie halten, ist umstritten. Teuer wird es für Fans von Heilsteinen und Co. aber fast immer. In Karlsruhe beginnt an diesem Samstag die “Harmony World Handelsmesse“.

Die Anbieter haben oft klangvolle Namen. Sie verkaufen Engel- oder Elfensymbole, Pendel und Klangschalen, astrologische Edelsteine, magische Anhänger oder allerlei energetisch aufgeladene Wässerchen. Der Markt der Esoterik ist groß, bunt - und reichlich unübersichtlich.

Welche Umsätze damit erwirtschaftet werden, basiert auf reinen Schätzungen: Genaue Zahlen dazu gibt es nicht, wie Verbraucherschützer Guido Bockamp vom Deutschen Konsumentenbund sagt. "Es ist ein undurchsichtiges Geschäft, das sich auf sehr viele Schultern verteilt."

Zweistelliger Milliardenbetrag im Jahr

Wahrsager, selbsternannte Heiler oder Wünschelrutengänger gehören ebenso dazu wie Internet-Versandhändler, Astro-Hotlines und kleine Ein-Mann-Geschäfte, die Heilsteine oder Mineralien vertreiben. Auszugehen sei sicherlich von einem zweistelligen Milliardenbetrag im Jahr, sagt Bockamp.

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Seinen Schätzungen zufolge widmen sich pro Jahr etwa zehn Messen regelmäßig der Esoterik; die Webseite "Messeninfo" listet für 2014 deutschlandweit sogar noch deutlich mehr Messen zu diesem Thema auf: bei B etwa die Bioterra, die in diesem Jahr in Baden-Württemberg - in Pforzheim - stattfindet, und bei S die Spirit&Heilen im hessischen Hofheim.

In Karlsruhe beginnt an diesem Samstag (13. September) die "Harmony World Handelsmesse" mit laut Veranstalter 100 Ausstellern und 1000 Einzelhändlern - die Organisatoren sind bei Presseanfragen sehr zurückhaltend. "Typisch", sagt Bockamp. Der Markt sei dubios, urteilt er.

Machnmal überschreite Esoterik Grenzen

Aber was ist Esoterik als Marktsegment eigentlich? "Esoterik, das sind Produkte oder Dienstleistungen mit Sinn plus emotionaler Botschaft", formuliert es Hans-Jürgen Hay, Geschäftsführer des Esoterik-Großhändlers Alterras. Das Nürnberger Unternehmen vertreibt rund 1800 Produkte mit einem Jahresumsatz von etwa 600 000 Euro. "Wir sind ein seriöses Unternehmen", sagt Hay.

Schwarze Schafe gibt es aber auch in seinen Augen zuhauf. "Ich war einmal auf einer Messe, in der Teddybären verkauft wurden, die angeblich mal in der Nähe von Schwingungen waren." Manchmal überschreite Esoterik auch Grenzen: "Da wo sie Heilung schwerer Krankheiten wie etwa Krebs verspricht." Mit Beispielen haarsträubender Produkte zu haarsträubenden Preisen kann die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) aufwarten: Bei Martin Mahner von der GWUP beispielsweise steht ein "Raumharmonisierer" für rund 3500 Euro - eine misstrauisch gewordene Käuferin übergab ihm das Gerät und wollte wissen, was darin sei: "Nichts", sagt Mahner.

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Was für einen Schaden kann Esoterik anrichten? "Es kostet Geld, den Leuten wird Angst gemacht, und im Bereich der Alternativmedizin wird es mit Blick auf Krebstherapien echt gefährlich." Astro-Hotlines seien oft horrend teuer. Und Vorhersagen von Wahrsagern treffen nach Untersuchungen der GWUP, die alljährlich ausgewählte Prognosen von Kaffeesatzlesern unter die Lupe nimmt, so gut wie nie zu. Stattdessen werden "hohe Preise verlangt und oft Beziehungen zerstört".

In 25 Jahren 3000 Patienten

Der negative Ruf von Esoterik - laut Harmonietherapeutin Gabriela Hilf sind dafür die nach ihren Worten überwiegend nicht seriösen Anbieter selbst verantwortlich. Die Not Hilfesuchender werde oft ausgenutzt. Hilf behandelte in 25 Jahren rund 3000 Patienten mit Wirbelsäulenaufrichtung und Kristallen. Voraussetzung sei die innere Haltung und geistige Bereitschaft der Betroffenen.

Die Nachfrage nach esoterischen Produkten jedenfalls ist groß. Nachdem während der Eurokrise nach Worten Bockamps besorgten Anlegern vor allem grotesk überteuerte heilende Edelsteine als Geldanlage angedreht wurden, seien jetzt vor allem Entspannungstechniken en vogue.

Rechtlich ist der Esoterikmarkt oft eine Grauzone: Solange keine Versprechungen in Richtung Heilung gemacht werden und solange ein Heiler darauf verweist, dass er keine medizinische Ausbildung hat, "kann man eigentlich machen, was man will", sagt Verbraucherschützer Bockamp. (dpa)