Peking. . Jack Ma ist mit seinen Handelsplattformen wie Alibaba zum reichsten Chinesen aufgestiegen. Der Milliardär ist ein Exzentriker, der schon als Lady Gaga aufgetreten ist. Er hat China zur größten Internet-Nation der Welt gemacht. Nun will er mit Alibaba auch die internationale Finanzwelt erobern.

Jack Ma hatte angeblich keinen blassen Schimmer vom Internet, als ein Bekannter ihm bei seinem ersten US-Besuch 1995 die Funktion einer webbasierten Suchmaschine zeigte. Ma gab „Bier“ und „China“ ein. Kein Ergebnis. Er war dennoch begeistert von der neuen Technik. Zurück in China wollte er seinen Freunden unbedingt seine Neuentdeckung vorführen. Ein Modem hatte er sich aus den USA mitgebracht. Doch die Verbindung war schlecht. „Wir warteten dreieinhalb Stunden, und es öffnete sich eine halbe Seite“, erinnert sich Ma später. Er sei dennoch stolz gewesen. Denn er hatte bewiesen: Das Internet funktioniert auch in China.

Zwei Jahrzehnte später ist Jack Ma mit dem Internet zum reichsten Chinesen aufgestiegen – mit gerade einmal 49 Jahren. Und er wird in der Volksrepublik als Superstar gefeiert. Mit seinen Handelsplattformen Taobao, Alibaba und T-Mall hat er innerhalb weniger Jahre nicht nur den gesamten Handel umgekrempelt, sondern China mit einem Schlag zur weltweit größten Internet-Nation katapultiert. Nun will er mit Alibaba auch die internationale Finanzwelt erobern.

Größter Börsengang aller Zeiten

Für den 18. September plant Jack Ma den Börsengang von Alibaba an der New Yorker Wall Street. Analysten gehen davon aus, dass Chinas größtes Internet-Unternehmen in der ersten Runde zwischen 20 bis 24 Milliarden Dollar einsammeln und damit den Börsengang von Facebook vor zwei Jahren überflügeln wird. Alibabas Aktiendebüt könnte gar der größte Börsengang der Geschichte werden. Diese Prognose ist keineswegs übertrieben. Die Experten schätzen den Wert des gesamten Alibaba-Konzerns derzeit auf 163 Milliarden Dollar – mehr als der von Amazon und Ebay zusammen.

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Aufgewachsen ist Ma in ärmlichen Verhältnissen in der ostchinesischen Stadt Hangzhou. In den boomenden 1990er-Jahren wusste er von vielen neu entstandenen mittelständischen Firmen in seiner Heimatprovinz Zhejiang, die Kontakte zu ausländischen Unternehmen suchten. Doch die sprachlichen Barrieren waren für viele von ihnen zu hoch. Ma hatte als Fremdenführer schon früh Erfahrungen mit Ausländern gesammelt. Später wurde er Englischlehrer und lernte wiederum die Berührungsängste auf chinesischer Seite kennen. Das brachte ihn auf die Idee, beide Seiten zusammenzubringen – per Internet. Die Online-Kontaktbörse Alibaba war geboren.

Geschäfte im Wert von 248 Milliarden Dollar

Einkäufer fanden über Alibaba ihre Zulieferer für Unterhosen, Bananen oder große Lastfahrzeuge. Mittelständler ihre Geschäftspartner. Kurze Zeit später gründete Ma mit Taobao seine zweite Handelsplattform. Dabei handelt es sich ähnlich wie Ebay um einen Online-Marktplatz, auf dem selbstständige Verkäufer ihre Waren zu festen Preisen vertreiben. Während Ebay aber Provision verlangt, ist der Handel bei Taobao kostenlos.

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Geld wird mit Onlinewerbung verdient oder wenn die Verkäufer ihre Produkte prominent platziert haben wollen. Mit Alipay gehört inzwischen auch ein hochprofitabler Bezahldienst zum Firmenimperium.

Im vergangenen Jahr haben 231 Millionen Käufer und 9 Millionen Verkäufer Geschäfte im Wert von über 248 Milliarden Dollar abgewickelt.

Seine Auftritte in China gelten als legendär

Vergangenes Jahr zog er sich zwar offiziell aus dem operativen Geschäft heraus. Ein Teil seines Vermögens, das auf 22 Milliarden Dollar geschätzt wird, widmet er wohltätigen Zwecken. Mit rund acht Prozent ist er aber weiterhin an Alibaba beteiligt.

Vor allem aber bleibt er das Gesichts des Konzerns. Seine Auftritte in China, auf denen er eigentlich nur Karrieretipps geben will, gelten als legendär und werden im Staatsfernsehen übertragen. Und seitdem er mal bei „Alifest“, dem jährlichen Betriebsfest, als Lady Gaga aufgetreten ist, wird er im Land wie ein Popstar gefeiert.

Mit Alibabas Börsengang in der US-Metropole New York erfüllt sich Ma einen ganz persönlichen Traum. Schon als Kind saugte er in dem damals sich erst langsam öffnenden China alles auf, was mit Englisch und den USA zu tun hatte. Seine Sprachkenntnisse hatten ihm einst zu seinem Erfolg verholfen. Nun liegt ihm New York zu Füßen.