Essen. . Der Champignon steht längst nicht allein im Wald und auf der Wiese. Zu ihm gesellen sich der Maronenröhrling, Nelkenschwindling, Schopftintling oder das Stockschwämmchen und viele, viele weitere Arten mit anmutigen Namen. Speisepilze sind vor allem im Spätsommer und Herbst begehrte Sammelobjekte.

In Deutschland gibt es knapp 5000 Großpilzarten (2500 in NRW), von denen rund 100 essbar sind. Doch längst nicht alle genießbaren „Schwammerl“ landen auch auf dem Teller. „Es gibt sehr viele Speisepilze, die viele Sammler einfach nicht kennen und sich deshalb auf einige wenige Arten beschränken“, sagt Hans-Jürgen Schäfer, Pilzsachverständiger vom Arbeitskreis Pilzkunde Ruhr. Aufgrund des wechselhaften Wetters in den vergangenen Wochen lässt sich noch nicht sagen, ob 2014 ein gutes Pilzjahr wird.

Bei einer Pilzwanderung am vergangenen Sonntag in der Nähe des sauerländischen Altena haben die Mitglieder des Arbeitskreises rund 200 Arten entdeckt. „Diese Ausbeute ist eigentlich optimal.“ Die meisten zählten zwar nicht zu den Speisepilzen, Pilzexperten wie Schäfer haben es sich jedoch zur Aufgabe gemacht, seltene Arten zu bestimmen, zu dokumentieren und ihr Wissen weiterzugeben. Schäfers Tipp: „Bevor man in die Pilze geht, sollte man sich ein gescheites und aktuelles Bestimmungsbuch zulegen.“

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Der Sammler sollte sich dabei auf wenige Arten konzentrieren und diese klar zuordnen können. Das braucht viel Erfahrung. Beim geringsten Zweifel gilt: Den Pilz stehen zu lassen. Für Einsteiger ratsam sind Exkursionen, die Pilzexperten von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) oder des NABU anbieten. Die DGfM hat zudem auf ihrer Internetseite (www.dgfm-ev.de) eine Liste mit Pilzsachverständigen zusammengestellt.

Naturschutzgebiete sind tabu

Tabu sind Naturschutzgebiete. Es ist auch nicht ratsam, an viel befahrenen Landstraßen wegen der erhöhten Schadstoffbelastung zu sammeln. Und es gilt: Nur so viele Pilze zu sammeln, wie man auch essen kann. Wer die Früchte des Waldes kiloweise abtransportiert, dem droht ein Bußgeld. „Wie viel Pilze gesammelt werden dürfen, regelt das Naturschutzgesetz“, sagt Schäfer, „man darf nur haushaltsübliche Mengen sammeln: also 1 bis 2 Kilogramm pro Person.“ Dabei sollte man stets bedenken, dass ein Drittel der Pilzarten auf der Roten Liste steht.

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Zudem sollte man Pilze nicht herausreißen. Das schädigt das unterirdisch wachsende Pilzgeflecht. Stattdessen werden sie herausgedreht oder mit einem Messer über dem Boden abgeschnitten. Geerntete Pilze mögen es luftig und trocken, möchten also am liebsten in einem Weidekorb oder Leinensack transportiert werden. Plastiktüten sind für Pilze das Grauen schlechthin.

Pilzvergiftung

Früher wurde vor jedem Essen gebetet, heute nur noch, wenn es Pilze gibt. Schäfer nennt einen Pilz, der in der Region immer noch gesammelt und verspeist wird, obwohl seit 30 Jahren bekannt sei, dass er giftig ist: der Kahle Krempling. „Nach dem Krieg war er sogar noch Marktpilz“, sagt der Pilzexperte. Bei einer Pilzvergiftung sollten Betroffene rasch einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen und am besten etwas von dem Pilz mitnehmen. Hilfreich ist es zudem, die Giftnotrufzentrale in Bonn (0228-19240) zu kontaktieren.

Auch Hans-Jürgen Schäfer wird bei Vergiftungsfällen zu Rate gezogen. „Viele Pilzvergiftungen sind auf puren Leichtsinn zurückzuführen.“ Die häufigste Ursache für Vergiftungen sei aber nicht der Verzehr eines giftigen Waldbewohners, sondern die Verkostung verdorbener Speisepilze. Die DGfM spricht hier von einer „Unechten Pilzvergiftung“, die letztlich eine Lebensmittelvergiftung sei. Nach Schätzungen erkranken jährlich 5000 bis 10 000 Menschen in Deutschland an dieser „Unechten Pilzvergiftung“, die aber selten erkannt wird.

Zubereitung

Braten, Dünsten, Kochen, Grillen - Pilze können mannigfach zubereitet werden. Nur sollten sie so rasch wie möglich in Pfanne oder Topf landen, denn das sensible Eiweiß vergeht schnell. Zur Lagerung empfiehlt sich ein kühler, luftiger und trockener Ort. „Sie sollten aber nicht in den Kühlschrank, denn Pilze brauchen Luft“, sagt Schäfer. Und roh sollten Speisepilze auch nicht verzehrt werden, ist das Gros doch unbekömmlich, viele Arten sind ungekocht sogar giftig. Es ist außerdem ratsam, Pilze gut durchzugaren und nicht zu kurz in Topf oder Pfanne zu belassen. Übertreiben sollte man es aber nicht: „In manchen alten Hausrezepten steht, dass roh giftige Pilze vor dem Braten abgekocht werden müssen. Das ist Quatsch: Da kommt dann nur noch ein geschmackloses Etwas auf den Tisch“, sagt Schäfer. Dafür können Pilzgerichte am nächsten Tag wieder aufgewärmt werden, aber nur, wenn sie über Nacht Obdach im Kühlschrank gefunden haben.