Essen. Claudia Schiffer, Naomi Campbell, Nadja Auermann oder Linda Evangelista – sie waren die begehrten Frauen der 90er. Und sind bis heute im Geschäft. In der September-Ausgabe der japanischen Vogue sind sie auf dem Titel. Während viele junge Models austauschbar sind, bleiben sie unverwechselbar.
Ein Laufsteg ist nichts für die Ewigkeit. Was heute hip ist, ist morgen Schnee von gestern. Und die Models? Mit dem letzten Hüftschwung auf dem Catwalk sind sie auch schon wieder aus unserem Gedächtnis gelöscht. Austauschbar.
Doch es gibt die Unverwechselbaren, die Frauen, die zur Marke wurden: die Supermodels der 90er. Selbst mit Mitte vierzig sind sie noch Teil einer knallharten Branche, die wie kaum eine andere die Jugendlichkeit feiert: Claudia Schiffer (43), ihre deutsche Kollegin Nadja Auermann (43), die US-Amerikanerin Stephanie Seymour (46), die Kanadierin Linda Evangelista (49) und die Britin Naomi Campbell (44) sind so unvergessen wie gut im Geschäft. Jetzt zieren sie das September-Titelbild der japanischen „Vogue“ mit dem Titel. „Perfekt Icons“ – perfekte Ikonen.
Was ist das Geheimnis der Topstars?
Wie haben sie das gemacht? Sie sind schön, aber ja. Doch sind nicht alle Frauen, die mit diesen extravaganten Kreationen über den Laufsteg ziehen, irgendwie schön? Was also ist das Geheimnis dieser Topstars?
Hört man sich um bei den Mode-Experten, so fällt immer wieder ein Wort: „Ausstrahlung.“ Die Models heute hätten keine mehr. Und zwar bewusst nicht. „Heute“, so sagt Modeschöpfer Wolfgang Joop in der TV-Dokumentation von Tita von Hardenberg, „geht es viel mehr um die Mode selbst. Die Models sind nur eine Pose, keine Person.“ Ein Auftritt, der einem den Atem verschlägt, passe nicht mehr in den Zeitgeist von unisex. „Eine Claudia oder Linda kamen daher wie in der Wüste die Sphinx. Unergründlich, schön, haltbar“, schwärmt Joop. Dabei kam die Schiffer nicht aus der Wüste, sondern aus Rheinberg und machte Mode für Jeanshosen – bevor Karl Lagerfeld sie zu seiner Muse und zum Chanel-Gesicht und damit zur Millionärin machte.
Diese Frauen haben die Mode revolutioniert
Nicht nur das Elitäre, also Besondere, ist es, was Fotograf Peter Lindbergh den Supermodels zuschreibt. Er sagt, dass diese Frauen die Mode revolutioniert haben. Models vor ihnen, sie trugen Ketten, Armbänder, Ohrringe und Krokotaschen und waren bis über beide Ohren geschminkt. Er muss es wissen, denn er war der Entdecker der neuen Topmodels: Als Lindbergh Anfang der neunziger Jahre Naomi Campbell, Linda Evangelista, Tatjana Patitz, Christy Turlington und Cindy Crawford vor die Kamera holte, sah er sie nicht als Püppchen, sondern als Frauen pur.
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Ungeschminkt, in Jeans und T-Shirt. Ein Statement eben. Lindbergh: „Es waren selbstbewusste, starke Frauen, die ein ganz neues Lebensgefühl versprühten.“ Abgespeckt war jedes Dekor, in einem neuen Purismus wurden die Frauen gefeiert wie Popstars. Nadja Auermann sagte in einem Interview, dass Schauspielerinnen ja damals die „anti-glamourösen Rollen“ suchten. „Wir waren zum Bewundern da.“
Klingt nach einem coolen Job
Klingt nach einem coolen Job. Jedenfalls haben sie vom Hauen und Stechen hinter den Laufstegen nichts mitbekommen. Sie konnten machen, was sie wollten, sie konnten die Preise nach Belieben bestimmen, erzählt Lindbergh gerne. Crawford soll für ein Engagement 6,9 Millionen Dollar, Turlington für zwölf Tage Posieren 800.000 Dollar kassiert haben.
Für weniger als 10.000 Dollar stehen sie erst gar nicht auf – das waren Worte! Die Unternehmerinnen setzten Maßstäbe, von denen man heute noch profitiert: In der aktuellen Forbes-Liste der Bestverdienerinnen unter den Models führt Gisele Bündchen (34) zum achten Mal in Folge – mit 47 Millionen Dollar (rund 35,2 Millionen Euro) Jahresgehalt.
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Doch nur Zuckerschlecken ist das nicht. Naomi Campbell – kein Mann, kein Kind – hat sich nie eine Pause gegönnt. Und da lagen die Nerven bald blank. Ihre Wutausbrüche sind legendär. Mal verdrosch sie einen Angestellten, mal warf sie mit ihrem Handy um sich.
Aufgestylte Kunstfiguren
Nadja Auermann könnte das nicht passieren, sie wirkt unangreifbar. Jedenfalls für Joop. „Sie sah aus wie eine Sexkönigin.“ Sieben Jahre war sie nonstop auf dem Laufsteg, hat vier Kinder bekommen und vor kurzem ein Fotoshooting für die italienische Vogue hinter sich gebracht. In einer TV-Doku darüber sieht man ihre ungewöhnlich starken Falten, die sie noch schöner machen. Auf den Fotos später sind die Falten weg. Schade.
Einst hatten die Topmodels das Frauenbild verändert – dann veränderten sie sich selbst: Bereits Ende der 90er-Jahre waren aus den natürlichen Frauen aufgestylte Kunstfiguren geworden, angepasst dem überdrehten Glitzer der Modewelt. Zu ihren Falten zu stehen, das wäre die neue Natürlichkeit.