Mannheim. Nach dem Zugunglück in Mannheim gehen Ermittler offenbar von menschlichem Versagen als Ursache aus: Der Güterzug sollte halten und wurde zwangsgebremst, fuhr aber dennoch weiter. Jetzt wird gegen den Lokführer ermittelt - wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und wegen Gefährdung des Bahnverkehrs.

Das schwere Zugunglück von Mannheim ist nach ersten Untersuchungen auf "menschliches Versagen" zurückzuführen. Der Führer des rammenden Güterzugs soll einen Fehler gemacht haben, wie die Staatsanwaltschaft Mannheim und die Bundespolizei Karlsruhe am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa bestätigten. Gegen den Mann wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und wegen Gefährdung des Bahnverkehrs ermittelt. Der Sender hr-Info hatte zuvor unter Berufung auf Bahn- und Ermittlerkreise berichtet, der Lokführer sei nach einer Zwangsbremsung seines Güterzugs weitergefahren.

Bei dem Unfall in der Nähe des Hauptbahnhofs waren am Freitag 35 Menschen verletzt worden. Der Güterzug hatte einen Eurocity mit 250 Passagieren auf dem Weg von Graz nach Saarbrücken gerammt. Zwei Waggons mit 110 Menschen kippten um.

Aus der am Mittwoch veröffentlichten Auswertung der elektronischen Fahrzeugregistrierung des Güterzugs geht hervor, dass dieser an einem Halt-Signal durchfuhr. Daraufhin wurde der Zug nach Angaben des Eisenbahn-Bundesamtes zwangsgebremst. Der Zug stand demnach für kurze Zeit, setzte sich dann aber wieder in Bewegung.

Freigabe des Stellwerks nicht abgewartet?

Warum dies geschah, war zunächst unklar. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Lokführer ein Haltesignal missachtet hat. Grundlage für die Ermittlungen sind technische Aufzeichnungen und Feststellungen der Bahn nach dem Unfall.

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Nach Informationen von hr-Info soll der Lokführer den Güterzug wieder in Bewegung gesetzt haben, ohne eine Freigabe des Stellwerks abzuwarten. Mit geringem Tempo sei der Güterzug in die Flanke des Eurocity-Zuges gefahren, der auf dem benachbarten Gleis ordnungsgemäß unterwegs war. Die technischen Einrichtungen der Deutschen Bahn hätten einwandfrei funktioniert.

"Betrieblichen Abläufe" im Zentrum der Untersuchungen

Vom Lokführer selbst liegt noch keine Aussage zum Geschehen vor. Der 60-Jährige stand nach dem Unglück am Freitagabend unter Schock. Er war laut Bundespolizei kurz nach dem Unfall nur kurz befragt worden.

Zur Rekonstruktion des Geschehens sollen die Auswertung der Funkgespräche zwischen Triebfahrzeugführer und Fahrdienstleiter beitragen sowie Befragungen Beteiligter. Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes "fokussiert ihre Untersuchungen zur Zeit weiterhin auf die betrieblichen Abläufe", erklärte das Eisenbahn-Bundesamt. Daneben würden aber auch die Leit- und Sicherungstechnik sowie die Infrastruktur geprüft. (dpa)