Essen. . Chanson-Sängerin Milva wird an diesem Donnerstag 75 Jahre. Sie wurde bekannt, weil sie Lieder des linken griechischen Komponisten Mikis Theodorakis in deutschen Versionen vortrug . Die Sozialistin gilt zudem als ausgezeichnete Brecht-Interpretin.
In Italien nennen sie sie „La Rossa“. Der doppelbödige Kosename passt. Milvas rote Wallemähne ist ihr Markenzeichen, und zugleich gilt die Brecht-Interpretin als überzeugte Sozialistin. Am Donnerstag wird die italienische Sängerin 75 Jahre alt.
Als Deutschland 1978 mit einer Charme-Offensive erobert, ist sie bereits eine gestandene Künstlerin. Bereits 1961, mit Anfang 20, gewinnt sie einen Musikwettbewerb des italienischen Fernsehsenders RAI und avanciert kurz darauf zum Star in ihrem Mutterland.
"Von Tag zu Tag" war Milvas erster Hit in Deutschland
Dass die als Maria Ilva Biolcati geborene Frau aus dem norditalienischen Goro auch jenseits der Alpen Massen begeistert, ist ihrem feinen Gefühl für den richtigen Zeitpunkt zu verdanken. Ende der 70er ist die Zeit vorbei, da deutschsprachiges Liedgut komplett mit banalem Schlager-Tralala gleichgesetzt wird. Udo Lindenberg hat der jungen Generation und linksliberalen Musikfans mit seinen schnoddrigen Texten Lockerungsübungen verpasst.
Was bei kritischen Geistern ebenfalls deutschsprachig akzeptiert wird, sind Chansons, zumal wenn sie ihnen politisch unverdächtig vorkommen. Wie bei Milva. Sie trägt Lieder des linken griechischen Komponisten Mikis Theodorakis in deutschen Versionen vor. „Von Tag zu Tag“ wird ihr erster Hit in Deutschland, das Album dringt in der Hitparade bis zu Platz sieben vor. Doch größere Erfolge sollen ihre Langrillen „Was ich denke“ und „Ich hab’ keine Angst“ werden; beide Platten halten sich jeweils ein gutes Jahr in den Charts.
Die 80er-Jahre werden Milvas Jahrzehnt. Mit schöner Regelmäßigkeit versorgt sie ihre Fans mit neuen Produktionen, und sie langen in den Plattenläden in der Regel tüchtig zu. Milva fühlt sich vom Publikum in Deutschland verstanden. „Wenn es mich als Künstlerin akzeptiert, dann liebt es mich auch. Es gibt Persönlichkeiten, die beliebt sind, die einfach ,ankommen’. Und es gibt andere, deren Können man anerkennen muss, die einen aber kalt lassen.
Als die Zeit der großen Erfolge vorbei war
Ich glaube, bei mir mischen sich Popularität und Anerkennung“, sagt sie in einem Interview.
Auch interessant
Als Milva 1990 mit der Goldenen Stimmgabel ausgezeichnet wird, hat sie bereits den Zenit ihrer Karriere überschritten. Nicht dass sie keine Plattenumsätze mehr macht – doch die Zeit ihrer großen Erfolge ist vorbei. Dennoch bedient die vielsprachige Entertainerin weiterhin ein treues Stammpublikum – immer wieder auch mit Brecht-Stücken. So geißelte sie 1983 auf zwei Albumseiten „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“. Ihr politisches Engagement begründet Milva so: „Ich interessiere mich sehr für die Zukunft, denn ich werde mit ihr den Rest meines Lebens verbringen.“
Milvas Art der Interpretation passt gut zu kopflastigen Texten des Autors, der die „Drei-Groschen-Oper“ schrieb. Eher kontrolliert als leidenschaftlich wirkt Milva auf der Bühne, auch ein wenig theatralisch, selbst wenn sie dem Tango-Gott Astor Piazolla huldigt.
Dass Milva nebenher auch immer wieder vor der Kamera gestanden hat, ist beinahe in Vergessenheit geraten. Dabei wissen Autoren-Filmer wie Werner Herzog ihre Qualitäten zu schätzen; Wim Wenders besetzt die Diva in seinem poetischen Kino-Klassiker „Der Himmel über Berlin“.
Ihr Auftritt gemeinsam mit Opernstar Montserrat Caballé
In den letzten Jahren hat sich Milva rar gemacht. Umso spektakulärer ist ihr Auftritt gemeinsam mit der spanischen Opern-Sängerin Montserrat Caballé und Musical-Vokalistin Angelika Milster. Die drei firmieren bei ihrem Konzert auf dem Theaterplatz in Dresden am 2. August 2008 als „Diva Maxima“.
Zwei Jahre später zieht sich Milva von der Bühne weitestgehend zurück. Doch meldet sie sich weitere zwei Jahre später überraschend zurück. Einerseits überraschend, weil die Künstlerin ihr öffentliches Schweigen bricht. Und andererseits überraschend, weil sie eine TV-Sendung wählt, wo sie ihre Fans einst niemals vermutet hätten: ausgerechnet in dem lange als erzkonservativ verschrienen „Musikantenstadl“. Es scheint, als habe Milva auf ihre alten Tage Frieden mit den Gegnern von früher geschlossen.