Rio de Janeiro. . Am 16. Juni wird die deutsche Nationalmannschaft in Brasiliens drittgrößter Stadt Salvador zu ihrem ersten WM-Spiel antreten. In dieser Woche starben in Salvador 39 Menschen bei schweren Unruhen nach einem Streik der Militärpolizei. Brasiliens Regierung kündigte an, mit aller Härte vorzugehen.
Es war ein weiterer Höhepunkt der täglichen Gewalt in Brasilien, und 39 Menschen bezahlten diesmal mit ihrem Leben. So viele Tote wurden innerhalb von gut 42 Stunden nach offiziellen Angaben zwischen Dienstag und Donnerstag registriert – während eines inzwischen beendeten Streiks der Militärpolizei im Ballungsraum Salvador da Bahia. Genau dort wird die deutsche Nationalmannschaft am 16. Juni ihr erstes WM-Spiel gegen Portugal austragen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird dazu erwartet.
Das Gastgeberland des Fußball-Spektakels reagierte erneut mit Betroffenheit und Hilflosigkeit. So zynisch es klingen mag: Zu vertraut sind den Brasilianern derartige Vorkommnisse, zu oft werden sie mit Mord und Totschlag konfrontiert. Landesweites Entsetzen löst das in der riesigen Republik nur selten aus. Dabei gab die hohe Zahl der Toten den Unruhen dieses Mal doch eine besondere Dimension.
"Hölle auf Erden"
Zumindest jene, die die Eskalation der Gewalt unmittelbar erlebten, rangen um Fassung. Von der „Hölle auf Erden“ sprach ein Sicherheitsbeamter. Dabei ist man gerade in Salvador Schlimmes gewohnt: 2012 wurden dort durchschnittlich 4,3 Morde pro Tag gezählt, 2013 waren es 3,9. Zuletzt stiegen die Zahlen deutlich an, auf 5,5 Morde täglich im Januar und Februar und 6,6 im März dieses Jahres. Der April dürfte diese Statistiken nach den jüngsten Vorfällen noch überbieten.
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Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff reagierte reflexartig. 2500 Soldaten und 250 Elitepolizisten wurden nach Salvador entsandt, ähnlich wie zuvor nach Rio de Janeiro, wo es seither zu mehreren Auseinandersetzungen mit dem Militär gekommen ist. Es sei „nicht akzeptabel, dass die Bevölkerung gefährdet wird“, verkündete Rousseff anschließend via Twitter.
Zuvor hatte sich die Präsidentin bereits zur WM geäußert, die in knapp zwei Monaten beginnt, und verdeutlicht, dass der Staat mit aller Härte gegen Unruhen vorgehen werde. „Auf keinen Fall wird die Bundesregierung mit irgendeiner Form von Gewalt paktieren. Wir lassen uns die WM nicht verseuchen“, sagte Rousseff.
Befürchtung, dass Meinungsfreiheit eingeschränkt wird
Nicht wenige Menschen fürchten, dass die angekündigte Politik der Abschreckung auch auf die freie Meinungsäußerung zielt. Die Massendemonstrationen im Juni 2013 während des Confed Cups, der sogenannten WM-Generalprobe, haben für Nervosität bei der Regierung in der Hauptstadt Brasília gesorgt.
Gesetzesverschärfungen im Demons-trationsrecht wurden bereits verabschiedet, weitere werden derzeit diskutiert. Darunter befinden sich zwei besonders umstrittene Gesetzesentwürfe, nach denen gewalttätige Demonstranten mit Terroristen strafrechtlich gleichgesetzt werden. Zudem steht die Polizei Brasiliens selbst in dem Ruf, mit brachialen Methoden Gewalt zu provozieren.
Zumindest bei den jüngsten Ereignissen in Salvador da Bahia sah sich die Militärpolizei diesem Vorwurf allerdings nicht ausgesetzt. Sie protestierte selber – für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.