Essen. Wieder zeigt Sat.1 ein Historien-Event – doch statt viel Folklore und Hauerei ist diese Romanverfilmung überzeugend. “Die Hebamme“ wird getragen von starken Schauspielern wie Josefine Preuß, Axel Milberg und Lisa Maria Potthoff.

Liebe und Leid, Leben und Tod – wenn das Fernsehen diese Elemente mischt, droht durchaus Kitschalarm. Doch „Die Hebamme“ (Dienstag, 20.15 Uhr, Sat.1) entgeht der Falle. Glückwunsch: Das Historiendrama von Produzent Oliver Berben ist ein packender Krimi geworden – mit Bildern, die bisweilen so magisch sind, dass man selbst manche übertriebenen Effekte toleriert.

Gelegentlich neigen diese Historienschinken dazu, es zu gut zu meinen mit all den Mittelalterbesäufnissen und Kloppereien. Ob „Säulen der Erde“ oder „Wanderhure“, da wurde schon viel Folklore reingerührt. Gut, es waren Publikumserfolge. Dennoch fremdelte mancher damit, dass die Schauspieler beim Leben im Dreck so schöne weiße Zähne hatten.

Mit Gänsehaut und Vergnügen in die Vergangenheit

Bei der „Hebamme“ stellt man sich diese typischen Fragen erst gar nicht: Hat er überhaupt noch was mit der Realität von damals zu tun? Entspricht er überhaupt der Romanvorlage von Kerstin Cantz, ihrem Erstlingswerk übrigens? Dieser Film zieht einen sofort mit leichter Gänsehaut und großem Vergnügen in die Vergangenheit. Der Sog der Geschehnisse ist so groß, dass man auch über manche Schwülstigkeit hinweggeht.

Auch interessant

Deutschland im Jahr 1799. Das war die Zeit, als Frauen eigentlich pausenlos schwanger waren. Die Kernkompetenz einer Hebamme war also höchst gefragt. Doch die junge Gesa (zwischen naiv und kampfeslustig wie immer überzeugend: Josefine Preuß) gerät zwischen die Interessen von Hebammenkunst und Schulmedizin. Außerdem gibt es noch eine Reihe Stolperfallen, bevor sie endlich beim Pressen helfen kann.

Eine, die ihr das Leben schwer macht, ist die Stadthebamme Elgin Gottschalk, gespielt von der hervorragenden Lisa Maria Potthoff. Mit ihrer rätselhaften Art bedient sie a) das Fach Erotik und verleiht b) dem Film die Aura des Mysteriösen: Ein großes Geheimnis will gelüftet werden.

Schweißtheater im Kindsbett

Regisseur Hannu Salonen hat bei den schweren Geburten nicht an Blut und Emotionen gespart. Dass das Gebärszenario weit weg davon ist, zu bloßem Spektakel zu verkommen, liegt vor allem daran, dass das große Schweißtheater im Kindsbett von glänzenden Schauspielern getragen wird. Immerhin ist Axel Milberg der seltsame Professor Kilian, der seine rabiaten Entbindungspraktiken an hilflosen Schwangeren ausprobiert.

Als wäre das nicht schon gruselig genug, wird das alte Marburg auch noch von einem Ungeheuer heimgesucht. Schön schaurig, garniert mit knallharten Musikeinspielungen. Gute Unterhaltung – aber eher nicht für Schwangere!