Essen. . Sehnsuchtsort Mittelalter. Was Sat.1 die „Wanderhure“, ist dem ZDF die „Pilgerin“. Die Verfilmung eines Romans von Iny Lorentz (öffentlich-rechtliche Version) ist verblüffend kreativ. Sie unterscheidet Helden und Schurken erstmalig durch ihre Gebisse. Dreimal dürfen Sie raten, wer die faulen Beißer hat.

An ihren Zähnen sollt ihr sie erkennen! Das gilt gewiss, wenn das Fernsehen Mittelalter spielt wie am Wochenende, an dem die hübsche Josefine Preuß mit betretenem Blick als Tilla, „Die Pilgerin“ (ZDF, So. und Mo., 20.15 Uhr), durch Wälder und Auen streift, um das Herz des verstorbenen Kaufmannsvaters aus dem Schwabenländle in Santiago de Compostela zu begraben. Die Gebisse der Guten leuchten wie bei Doktor Best, Unsympathen werden mit fauligem Rachen nicht unter acht Lücken bestraft und verdienen sich wie Dietmar Bär auch schon mal knusprigen Ausschlag im Gesicht.

Solche Einteilungen schützen uns vor dem Nachdenken. Und die Schurken, allen voran Volker Bruch als Tillas Bruder, der den Vater gemeuchelt hat, weil der ihn enterben wollte, aber auch all jene, die Tilla bei ihrer nett fotografierten Weltreisensinnsuche in Wald und Moor auflauern, bleiben immer schön böse. Und die anderen Kerle? Trottel halt, die den Frauen unterlegen sind und nur wegen der gesellschaftlichen Gepflogenheiten über sie herrschen.

Den Mix aus Matsch, Blut und Dialoggestümper hat Philipp Kadelbach („Unsere Mütter, unsere Väter“) inszeniert, die Vorlage schrieb das Duo Iny Lorenz. Dass man dessen Schlichtstoffe noch viel schlechter verfilmen kann, weiß man seit der „Wanderhure“. Welch ein Trost.