Berlin. . Sat.1 zeigt am Dienstag einen Film über Ex-Bundespräsident Christian Wulff und seine damalige Frau Bettina. “Der Rücktritt“ war vor allem für die Schauspieler Kai Wiesinger und Anja Kling eine Herausforderung. Das Rezept des Regisseurs: „Nicht zu viel Gefühle, sondern kritische Distanz.“

Kaum ein Rücktritt war so filmreif wie dieser: Als Noch-Bundespräsident Christian Wulff mit seiner Frau Bettina vor die Kamera trat, war das großes Kino. Nun kommt ein Film ins Fernsehen, der einen Blick hinter die Kulissen wirft: „Der Rücktritt“. Nach der Premiere Montagabend im Berliner Kino International wird er am 25. Februar im Fernsehen gezeigt, bei Sat.1 um 20.15 Uhr. In Berlin gab’s langanhaltenden Applaus.

Kai Wiesinger (47) und Anja Kling (43) sind Christian und Bettina Wulff. Es geht um die letzten 68 Tage der beiden als Präsident und First Lady. Den Startschuss gibt der Bericht über Wulffs Hauskredit bei Unternehmergattin Edith Geerkens. Weitgehend folgt der Film aus Dokumentarszenen und Spielsequenzen dem Buch der „Bild“-Journalisten Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch.

Produzent Nico Hofmann („Unsere Mütter, unsere Väter“) würdigte deren Recherche vor dem Premierenpublikum: „Ohne diese Faktengenauigkeit wäre der Film nicht möglich gewesen“, sagte er. Und Sat.1-Fiction-Chef Joachim Ketschau erinnerte daran, dass ARD und ZDF das Projekt nicht haben wollten. „Ich danke den Öffentlich-Rechtlichen.“

Große Herausforderung einer fiktiven Rolle

Obwohl die Vorbilder sehr präsent sind, fühlten sich die Hauptdarsteller künstlerisch offenbar nicht eingeschränkt. „Die Rolle war natürlich eine große Herausforderung, weil sie nicht fiktiv ist“, erklärte Schauspielerin Anja Kling und fügte hinzu: „Ich hätte Bettina Wulff vorher nicht treffen wollen, weil ich der Figur sonst nicht mehr wertfrei hätte begegnen können.“

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Gesteigertes Mitleid habe sie durch den Film für das ehemalige Bundespräsidentenpaar nicht entwickelt. „Wir wollten zeigen, wie dieses Paar mit dem großen Druck umgegangen ist“, sagte sie. Kling ist glaubwürdig als Leidende, die nicht nur das Schicksal ihres Gatten im Auge hat, sondern immer auch das eigene.

Figuren ohne jede Bewertung darstellen

Er wollte der Figur Wulff gerecht werden, sagt Hauptdarsteller Kai Wiesinger. „Das kann nur funktionieren, wenn man das ohne jede Bewertung macht.“ Wiesinger stellt den gescheiterten Bundespräsidenten als Getriebenen dar: passiv, ratlos, desorientiert. Der Mann ist überfordert, sogar zu feige, seinen Sprecher und Freund Olaf Glaeseker selbst über seinen Rausschmiss zu informieren.

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Produzent Nico Hofmann stellte klar, dass er den Figuren vor allem mit Würde begegnen wollte: „Ich glaube nicht, dass Christian Wulff Mitleid für sich beansprucht. Ich finde, er schlägt sich im Prozess bisher sehr gut.“ Vor den Dreharbeiten habe er sich deshalb auch um Kontakt zu dem mittlerweile getrennt lebenden Ehepaar Wulff bemüht. „Sie wollten sich uns gegenüber aber nicht äußern“, sagte er.

Regisseur Schadt wollte wenig Gefühl und kritische Distanz

Regisseur Thomas Schadt nannte den Film ein „Eingeschlossenen-Drama“. Sein Rezept: „Nicht zu viel Gefühle, sondern kritische Distanz.“ Er wollte erzählen, was in den entscheidenden Tagen im Schloss Bellevue passiert ist. Auf Informationen von Christian und Bettina Wulff musste er dafür verzichten. Die beiden lehnten eine Mitarbeit ab. Die Rechte an Bettina Wulffs Erinnerungen hätte Schadt auch gerne verwertet, sie waren aber nicht erhältlich.

Am 17. Februar 2012 trat Wulff zurück. Das ist das Ende – auch des Films, einer Produktion von UFA Fiction. Der tiefe Absturz Wulffs nach dem Rücktritt, die Trennung von Bettina, schließlich sein entschlossener Kampf um Freispruch vor Gericht und seine mögliche Rehabilitierung – das alles ist nicht mehr Thema.