Saarbrücken. . Ein Internet-Mob macht Jagd auf einen vermeintlichen Kinderschänder. Und Devid Striesow als Kommissar Stellbrink ist nicht mehr der “Tatort“-Kasper.
Dresche hat er bekommen, der „Tatort“-Kommissar aus Saarbrücken, und nicht zu knapp. Ein bisschen zu aufgeregt war die Debatte um die kasperlehaften Auftritte des ansonsten ja so großartigen Devid Striesow auf dem Motorroller gewiss, besonders im empörungsfreudigen Internet, wir reden am Ende über einen Fernsehkrimi und nicht über die Neujahrsansprache der Kanzlerin. Aber beim „Tatort“ hört der Spaß für viele natürlich auf.
Bei seinem dritten Auftritt in „Adams Alptraum“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) haben sie diesem eigenbrödlerischen Ermittler Jens Stellbrink die Flausen aus dem Kopf inszeniert, lassen ihm nur noch die schlabbrigen Jogginghosen und ab und zu den staunenden Kinderblick.
Dass es eine Reaktion des Senders auf die heftige Kritik war, muss man nicht triumphierend annehmen; auffällig ist aber schon, dass auch seine Kollegen eine Spur ernsthafter agieren, selbst wenn manches und mancher in diesem Kommissariat immer noch zu laut daherkommt.
TatortEin großer Krimi, um das gleich vorweg zu sagen, ist trotzdem nicht herausgekommen, eher nüchterne Routine. Nur die Schuld muss man diesmal eher bei den Autoren Lars Montag und Dirk Kämper suchen, als bei Striesow: Der geht diszipliniert, ja beinahe vorsichtig zu Werke.
Der Hass im Netz ist Thema des neuen Tatorts
Dabei muss er sich ironischerweise mit dem Hass aus dem Netz befassen. Dem fällt in diesem Fall ein vermeintlich allseits beliebter Schwimmlehrer (Markus Hoffmann) zum Opfer, der gerade noch von der Bürgermeisterin ausgezeichnet wurde. Er wird in einer durchaus beklemmenden Szene von Vermummten auf der Straße ins Koma geprügelt, weil er im Internet als Kinderschänder diffamiert worden ist.
Auch interessant
Ein „Flashmob“, für den Stellbrinks Mitstreiterin Lisa Marx (Elisabeth Brück) in einem dieser vielen eckigen Momente die Definition hinterherschiebt, als säßen die Kollegen im Volkshochschulkurs: „Eine Ausprägungsform der virtuellen Gesellschaft, die neue Medien wie Internet und Mobiltelefone benutzt, um kollektive Aktionen zu organisieren.“
Und weil das nicht langt, fügt sie hinzu: „Dass Leute sich im Internet verabreden, um jemanden umzubringen, ist, glaube ich, neu.“ Das dürfen Regisseure eleganter lösen; der krimierfahrene Hannu Salonen ist ja alles andere als ein Amateur.
Am Ende ist der Tatort ein bissloser Durchschnittskrimi
Stellbrink muss nun nicht nur die Vermummten demaskieren, sondern auch herausfinden, ob die Vorwürfe gegen das Opfer berechtigt waren. Das ist nicht einmal eine schlechte Ausgangsposition für eine aufregende Geschichte.
Aber Salonen verwurstet die braven Anflüge von Medien- und Gesellschaftskritik mit Familienkonflikten um enttäuschte Töchter, frustrierte Ex-Frauen, flüchtige Söhne und junge Rächer zu einem einigermaßen bisslosen Durchschnittskrimi, der am Ende mit einem Stellbrink als Köder nur einen Anflug von Spannung entwickelt. Das ist dann aber doch ein bisschen wenig für 90 Minuten.