München. Woher wussten Journalisten von der Selbstanzeige im Steuerhinterziehungs-Fall Uli Hoeneß? Zur Klärung dieser Frage hat die Staatsanwaltschaft München Dienststellen der Finanzverwaltung untersuchen lassen. Der Verdacht der Verletzung von Steuergeheimnissen richtet sich gegen Mitarbeiter.
Wie gelangten vertrauliche Dokumente aus der Steuerakte von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß an die Presse? Rund sechs Wochen vor Beginn des mit Spannung erwarteten Prozesses wegen Steuerhinterziehung geraten bayerische Finanzbehörden ins Visier der Münchner Staatsanwaltschaft.
Am Donnerstagvormittag gab es nach Informationen des Bayerischen Rundfunks Razzien im Finanzamt in Miesbach und im Rechenzentrum des Landesamtes für Finanzen in Nürnberg. Die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigt lediglich Durchsuchungen in bayerischen Finanzbehörden - ohne Details zu nennen. Hoeneß' Anwalt Hanns W. Feigen will sich dazu nicht äußern.
Soviel aber ist klar: Ein Magazin war im Besitz eines Dokumentes, das in der Öffentlichkeit eigentlich - und vor allem nach Ansicht von Uli Hoeneß - nichts verloren hat. Nach BR-Informationen handelt es sich um ein Schriftstück, das sich auf Einnahmen von Hoeneß' Wurstfabrik in Franken bezieht. Ob es überhaupt im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen Hoeneß steht, ist nicht klar. Es gehe bei dem Dokument um ein rein internes Papier, zu dem außerhalb der Finanzverwaltung nach bisherigen Erkenntnissen niemand Zugang hatte, teilt die Staatsanwaltschaft mit.
Suche nach Maulwurf im Finanzamt
"Es soll geklärt werden, welche Personen Zugriff auf sowohl die elektronische Steuerakte wie auch die Steuerakte in Papierform des Herrn Hoeneß hatten und wie das interne Dokument an das Presseorgan gelangen konnte", sagt Staatsanwalts-Sprecher Thomas Steinkraus-Koch. Will heißen: Die Ermittler suchen nach einem möglichen Maulwurf im Finanzamt.
"Es ist ein Ermittlungsverfahren in alle Richtungen", betont der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler und sprach von einem "Routinevorgang". Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Finanzbeamter vertrauliche Informationen über Hoeneß an die Presse weitergegeben habe. "Da gibt es auch einen Ehrenkodex. So etwas macht man nicht."
Die Straftatbestände, um die es bei unberechtigter Weitergabe eines solchen Dokumentes geht, sind die Verletzung des Steuergeheimnisses und des Dienstgeheimnisses (Paragraf 355 und 353b Strafgesetzbuch (StGB)). Das Gesetz sieht dafür Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zwei oder bis zu fünf Jahren vor.
"Kein Malus, aber auch kein Bonus" für Hoeneß
Hoeneß stellte bereits im Frühjahr 2013 Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Steuergeheimnisses, nachdem die Ermittlungen gegen ihn wegen Steuerhinterziehung öffentlich geworden waren. Als ihm das Magazin im Oktober 2013 dann das vertrauliche Dokument unter die Nase hielt, fügte der Bayern-Präsident eine zweite Anzeige hinzu.
Steuerexperten glauben zwar nicht, dass die Ermittlungen Auswirkungen auf den Ausgang von Hoeneß' eigenem Prozess haben werden, der am 10. März vor dem Münchner Landgericht beginnen soll. "Er wird dadurch keinen Malus haben, aber auch kein Bonus", sagt der Münchner Anwalt für Steuerrecht, Rainer Spatscheck, und sein Berliner Kollege Martin Wulf stimmt ihm zu.
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Allerdings könnte es Auswirkungen auf das Strafmaß haben, wenn sich herausstellt, dass die Vorwürfe gegen ihn durch ein Leck in einer Behörde öffentlich wurden. "Wenn die Sache durch Behörden verschuldet an die Öffentlichkeit kam, kann das Gericht die negative Öffentlichkeitswirkung als Teil der Strafe ansehen", sagt Spatscheck, und Wulf fügt hinzu: "Salopp gesagt: Wenn der Beschuldigte in den Medien durch den Kakao gezogen wird, kann das strafmildernd sein."
Gewerkschaftschef Eigenthaler glaubt dagegen nicht an Auswirkungen, geht aber davon aus, dass "eine Verteidigung von Uli Hoeneß ein bisschen auf die Tränendrüse drücken wird".
Hoeneß muss sich wegen Steuerhinterziehung vom 10. März an vor Gericht verantworten. Der Sportmanager hat eingeräumt, über Jahre hinweg dem Finanzamt ein Konto in der Schweiz verheimlicht zu haben. Publik geworden war der Fall durch Medienberichte. Demzufolge ging es um Millionen-Beträge. Hoeneß hatte sich unter Mitwirkung seiner Berater selbst angezeigt. Allerdings war die Selbstanzeige, die normalerweise vor Strafe schützt, nach Auffassung der Staatsanwaltschaft fehlerhaft. (dpa/rtr)