Köln. . Ein Killer hilft der Polizei und eine unbedarfte Polizistin hilft ihm. Kann das gutgehen? Gut und böse sind in der RTL-Serie „Blacklist“ miteinander verquickt. Und obendrein ist die Lizenzware vom amerikanischen Sender NBC mit guten Darstellern bestückt – allen voran der fantastische James Spader.

Den ersten Tag beim FBI hat sich Elizabeth Keen (Megan Boone) anders vorgestellt. In einer Hochsicherheitskabine vor ihr sitzt der Mann, nach dem ihre Kollegen so viele Jahre verzweifelt gefahndet haben. Raymond „Red“ Reddington (James Spader) ist ein ehemaliger US-Marineoffizier und einer der meistgesuchten Verbrecher der USA. Was zunächst ein wenig an „Das Schweigen der Lämmer“ erinnert, schlägt bald eine ganz andere Richtung ein. Denn Reddington ist eines Tages freiwillig ins Hauptquartier der Polizei spaziert. Um Keen von der „Blacklist“ (RTL, Dienstag 20.15 Uhr) zu erzählen, einer Liste mit den gefährlichsten Verbrechern der Welt. Massenmörder, Attentäter, Terroristen. Er will sie verraten, das FBI soll sie jagen, zur Not mit seiner Hilfe.

Man möchte Reddington nicht zum Feind haben. Eigentlich nicht mal zum Freund. Schon weil die Menschen in seiner Nähe auffällig oft eines unnatürlichen Todes sterben. Wenn es aber hart auf hart kommt, dann hat man einen wie ihn gerne an seiner Seite. Einen, der viele Beziehungen hat und keine Moral. Der dort anfängt, wo alle anderen aufhören. Kriminell, aber cool. Wie so viele US-Serienfiguren der vergangenen Jahre.

Denn längst vorbei sind die Zeiten, in denen die Hauptdarsteller einer TV-Reihe Helden mit einer weißen Weste waren. Bei den „Sopranos“ ist es ein Mafia-Boss, in „Damages“ eine bösartige Anwältin. In „Dexter“ sorgt ein Serienkiller für Gerechtigkeit, in „The Shield“ ist es ein korrupter Polizist. Und selbst wenn sie für das Gute kämpfen, haben sie wie „Arrow“ oder Jack Bauer in „24“ ihre dunklen Seiten.

Serie "Blacklist" arbeitet mit zweiter Ebene

Reddington reiht sich mühelos ein in diese Aufzählung. Immens reich ist er laut Drehbuch, ebenso charmant wie verschlagen, völlig skrupellos und hochintelligent. In nahezu jeder Folge tötet er, manchmal auch mit einem Lächeln auf den Lippen. Aber nicht, weil es ihm Spaß macht. Auch nicht, weil seine Opfer – alle Verbrecher erster Güte – es verdient hätten, sondern weil es sich halt so ergibt. Offenbar gehört es zu seinem Plan, von dem man auch gegen Mitte der ersten Staffel kaum ahnt, wie er aussieht.

Optisch erinnert „Blacklist“ an Serien wie „White Collar“ oder „Persons Of Interest“, ist aber eine Spur härter. Und sie hat einen Hauptdarsteller, dem die Rolle wie auf den Leib geschrieben ist. James Spader, einst ebenso eigenwilliger wie begnadeter Anwalt in „Boston Legal“, spielt ihn brillant und mit einer Arroganz, die man in letzter Zeit so wunderbar nur bei Kevin Spacey in „House Of Cards“ bewundern konnte.

Zur Sicherheit haben die Produzenten sich nicht allein darauf verlassen, einen Verbrecher nach dem anderen von der Liste zu streichen, sondern eine zweite Ebene eingebaut. Denn auch im Leben der FBI-Agentin gibt es Geheimnisse, deren langsame Aufklärung sich wie ein roter Faden durch die einzelnen Folgen zieht. Das hält einen als Zuschauer ebenso bei der Stange wie die Frage, was Reddington antreibt und warum er sich ausgerechnet ein Küken wie die unerfahrene Keen zur Partnerin erkoren hat.

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In den USA ist „Blacklist“ so gut gestartet, dass bereits eine zweite Staffel in Auftrag gegeben wurde. Das muss für Deutschland nichts heißen, aber ganz schlecht stehen die Chancen nicht. Der Dienstag ist ein eingeführter Krimiabend bei RTL, die Konkurrenz zum Auftakt überschaubar. Allerdings teilt die Reihe das mittlerweile übliche Problem nahezu aller US-Produktionen. Wer mehr als eine Folge verpasst, bekommt Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden. Das mögen viele Zuschauer in Deutschland nicht. Was in diesem Fall schade wäre. Denn „Blacklist“ ist bisher einer der interessantesten Neustarts des neuen TV-Jahres.