Washington. . Die erfolgreiche Fernsehserie „Duck Dynasty“ um eine Hinterwäldlerfamilie, die Entenpfeifen produziert, entzweit Amerika. Zunächst flog der Clanchef wegen homophober Äußerungen raus – nun hagelt’s Proteste gegen diese Entscheidung. Und dann ist da noch die Sache mit der Politikerin Sarah Palin.
Die Hauptfigur der erfolgreichsten Reality-Serie im amerikanischen Kabelfernsehen, die bald auch in Deutschland zu sehen ist, wird nach anstößigen Worten gegen Schwule, Schwarze und Andersgläubige aus dem Programm genommen.
Der Sender kriegt Zigtausende Anrufe und E-Mails von Wutbürgern, die den Bann verurteilen. Prominente werfen sich für den Geschassten in die Bresche. Meinungsfreiheit! Der Gescholtene und sein Anhang lassen es auf eine Machtprobe mit den TV-Bossen ankommen. Fertig sind die Zutaten eines Skandals, der in den USA unter vielen Tannenbäumen für Gesprächsstoff gesorgt hat.
Erleuchtung in den Sümpfen
Phil Robertson muss in den 60ern ein stinknormaler Herumtreiber gewesen sein. Frauen. Drogen. Alkoholexzesse. Dann kam dem Mann aus West Monroe in den Sümpfen von Louisiana die Erleuchtung. Nach einer „Gottesbegegnung“ sah der heute 67-Jährige in der Herstellung von Pfeifen, mit denen Jäger Enten vor die Flinte treiben („duck calls“), seine Berufung. Das Geschäft floriert. Robertson und sein Clan verkauften 2012 über 300 000 Ententröten.
So kommt man ins Visier des Kabelsenders A & E. Auf der Suche nach einem Format für eine Reality-Serie, in der mal nicht im Sekundentakt gemordet, erpresst, geschlagen, getrunken oder fremdgegangen wird, wurden die TV-Oberen bei den Robertsons fündig. Eine tiefgläubige Familie weißer Hinterwäldler im Alltag zu beobachten, das könnte auf dem platten Land das Bedürfnis vieler Zuschauer nach Normalität befriedigen. So war die Denke. Volltreffer.
Alltagsweises, dummes Zeug, das an Dittsche heranreicht
„Duck Dynasty“ bricht alle Rekorde. Zuletzt sahen mehrmals in der Woche 14 Millionen Amerikaner zu, wenn Phil, sein Bruder Silas und die Söhne Willie und Jase in Tarnkleidung, wie sie von Spezialkommando-Soldaten getragen wird, mit langen Haaren, langen Bärten und getönten Sonnenbrillen im Wohnzimmer sitzen.
Sie schlürfen meist schwarzen Tee und erzählen sich, wenn nicht Ehefrauen, Kinder und Enkelkinder stören, den lieben langen Tag alltagsweises, dummes Zeug, das manchmal an Oli „Dittsche“ Dittrich heranreicht.
„Duck Dynasty“ ist aber keine Geschmacksverirrung. Drei Bücher der Sippe stehen auf der Beststeller-Liste der New York Times. Mit Krimskrams und Werbung haben die bärtigen Rednecks A & E und sich nach Schätzungen 500 Millionen Dollar eingebracht.
Weil TV-Quote Bedeutung auch in die flachsten Typen pumpt, hört Amerika genau hin, wenn einer aus der Enten-Dynastie den Schnabel aufmacht. Was Phil, der wie alle Robertsons als Doppelgänger der texanischen Bluesrocker von „ZZ Top“ durchgehen könnte, in einem Magazin für Männermode jetzt ausgiebig tat.
Homosexualität vergleicht der Laien-Prediger darin unter Bezug auf den lieben Gott, die Bibel und diverse Körperteile mit Sodomie. Dass die Schwarzen in den USA jemals diskriminiert wurden, stellt er in Abrede. Den Shintoismus, eine japanische Glaubensrichtung, setzt Robertson mit den Nazis gleich – beide würden keinen Gott kennen.
A & E setzte dem Patriarchen umgehend den Stuhl vor die Tür, als im Internet das Rumoren einsetzte. Man entschuldige sich bei allen, deren Gefühle verletzt worden sein könnten, ließ der Sender verlauten. Aber was ist mit Abermillionen Amerikanern, die das evangelikale Provinz-Selbstbewusstsein der Enten-Herrscher lieben, weil sie sich in deren demonstrativ vorgelebter Weltunerfahrenheit wunderbar wiedererkennen?
Solidaritätswelle im Internet
Um die kümmern sich jetzt, und da wird es heikel, Bobby Jindal, Ted Cruz und Sarah Palin. Jindal ist so etwas wie der Ministerpräsident von Louisiana und ein möglicher republikanischer Präsidentschaftskandidat für 2016. Cruz, Senator in Texas, könnte sein Rivale werden.
Sarah Palin, einst Vizepräsidentschaftskandidatin, ist stets zur Stelle, wenn eine bestimmte Form von Meinungsfreiheit Schaden zu nehmen droht. Sie schlagen die Trommel für Robertson. Und werden gehört. Phil habe nur sein gesetzlich verbrieftes Recht in Anspruch genommen, „zu sagen, was ihm sein Gewissen aufträgt“. Im Internet brach eine Solidaritätswelle los.
Nun steht in der Verfassung zwar nirgends, dass ein Sender jemanden beschäftigen muss, der sexuelle Präferenzen anderer verunglimpft, Geschichte leugnet oder Religionen mit Hitler vergleicht. Aber was, wenn das Publikum es so will? Ohne unseren „Steuermann“, ließen die Robertsons wissen, habe „Duck Dynasty“ keine Zukunft. Freiwillig begibt sich der Clan nicht in den Entengang. A & E müsste den Quotenbringer schon zum Abschuss freigeben.