Berlin/Mainz. Die DDR hat offenbar Häftlinge zum Spenden gezwungen und ihr Blut verkauft. Letztlich sei es dann in Bayern wieder aufgetaucht. Das berichtet das ARD-Magazin “Report Mainz“. Außerdem hätten zahlreiche West-Firmen von Zwangsarbeit profitiert - hier wurden Aldi und Volkswagen genannt.
Häftlinge in DDR-Gefängnissen wurden nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" zum Blutspenden gezwungen, um dem Staat durch den Verkauf Devisen zu beschaffen. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) habe die Blutkonserven über einen Schweizer Zwischenhändler aufgekauft. Das BRK bestätigte dies dem ARD-Magazin, äußerte sich am Dienstag jedoch zunächst nicht dazu.
Die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen bestätigte indes, dass es in den Haftanstalten Gräfentonna (Thüringen) und Waldheim (Sachsen) zu derartigen Blutspenden gekommen sei. Eine umfassende Studie dazu wird am kommenden Montag veröffentlicht.
West-Firmen profitierten von Zwangsarbeit
Zudem hätten zahlreiche West-Firmen von Zwangsarbeit in der DDR profitiert. Unternehmen aus der Bundesrepublik ließen Waren oder Warenbestandteile vor allem während der Ära Honecker in den 70er und 80er Jahren billig in DDR-Betrieben produzieren, die auch Häftlinge beschäftigten, berichtete "Report Mainz" vorab der Sendung, die am Abend ausgestrahlt werden sollte. Das ARD-Magazin beruft sich auf eine noch unveröffentlichte Studie der Stasi-Unterlagen-Behörde.
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Der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, sagte dem Magazin, es seien viel mehr Unternehmen involviert als bislang bekannt: "Das Forschungsprojekt hat gezeigt: Ikea war nur die Spitze des Eisbergs." Das Unternehmen aus Schweden hatte im November eingeräumt, dass in der DDR politische Häftlinge und Strafgefangene unter Zwang Möbel für den Konzern fertigen mussten.
"Knastware für den Klassenfeind"
Die Untersuchung "Knastware für den Klassenfeind" des Historikers Tobias Wunschik nennt "Report Mainz" zufolge zahlreiche Unternehmen aus der Möbelindustrie, Versandhäuser und Warenhäuser, aber auch Unternehmen aus der Auto- und Stahlindustrie, die in den DDR-Betrieben produzieren ließen. Laut Wunschik wurden schätzungsweise mindestens 200 Millionen Mark jährlich mit Waren umgesetzt, die allein auf Häftlingsarbeit beruhten.
Aldi habe demnach über die VEB Esda Thalheim Strumpfhosen bezogen. Hier seien auch weibliche Gefangene des DDR-Frauenzuchthauses Hoheneck zur Zwangsarbeit eingesetzt gewesen. Volkswagen habe im Zuge von Kompensationsgeschäften unter anderem Scheinwerfer und Abdeckklappen vom DDR-Betrieb VEB Kombinat Fahrzeugelektrik Ruhla erhalten. Auch dort seien Gefangene zur Arbeit gezwungen worden. Beide Unternehmen erklärten gegenüber "Report Mainz", den Einsatz von Häftlingen weder gebilligt noch davon gewusst zu haben. (dpa/afp)