Weimar. . Premiere für den Weihnachts-“Tatort“ aus Weimar: Nora Tschirner und Christian Ulmen ermitteln in “Die fette Hoppe“.

Die Leiche wird tiefgefroren durch die Gegend geschleppt, die Verfolgungsjagd läuft per Pferdekutsche, und im Auto der Kommissarin stinkt’s, weil im Motorraum gerade ein Marder durchschmort, ein, nun ja, klassischer Selbstmarder: Wer sich auf einen traditionellen „Tatort“ einstellt, dem kann man „Die fette Hoppe“ (2. Weihnachtstag, ARD, 20.15 Uhr) aus Weimar nicht wirklich empfehlen. Aber was Franziska Meletzky ohne falsche Rücksichten da inszeniert hat, ist trotz einiger Plattheiten einfach köstlich, wenn man sich vom klassischen Krimigefühl verabschiedet und das Federleichte mal an sich heranlässt.

Comedy prallt auf Klassik

Man ahnte ja schon beim Blick auf den Besetzungszettel, dass es – ausgerechnet! – unter den Denkmalaugen von Goethe und Schiller nicht bierernst zugehen würde. Christian Ulmen („Herr Lehmann“) und die (tatsächlich) schwangere Nora Tschirner („Kein­ohrhasen“) lösen das im Wechselspiel auf höchst vergnügliche Art ein, ohne sich etwas aus Münster abzugucken. Dass der neue Polizist aus Hamburg nun auch noch Lessing heißen muss, verschmerzt man so wie manch missglückten Wortwitz; die Grenzen ins Reich der Kalauer sind zuweilen fließend.

Und trotzdem bleibt da noch ein wahrer Fundus an witzigen Dialogen zwischen dem hektischen Ermittler und seiner coolen Kollegin, nachdem sie sich bei einem schon sehr munteren Auftakt augenscheinlich zum ersten Mal begegnen. Und wenn der Kutscher (Dominique Horwitz) dann noch seinen Goethe kann, passt doch alles zusammen.

„Tatort“-Klischees bis hin zu Doldingers unkaputtbarer Titelmusik

Meletzky spielt aber nicht nur mit dem Aufeinanderprallen von Comedy und Weimarer Klassik in Bild und Ton, sie hantiert auch gekonnt mit den „Tatort“-Klischees bis hin zu Doldingers unkaputtbarer Titelmusik, die hier immer wieder leicht verfremdet eingespielt wird. Eine schöne Idee.

TatortFreilich erzählt auch sie einen Krimi, dem aber das Monströse, das Sozialdramatische, das Politische vollkommen abgeht. Eine entführte, millionenschwere „Wurstkönigin“ namens Brigitte Hoppe und ein Entführer, der nur 45 000 Euro verlangt, damit müssen sich Lessing und Kira Dorn befassen. Verdächtig ist der Sohn, dem Stephan Grossmann eine depperte Verzweiflung einhaucht, die sich wunderbar in den Tenor der Geschichte einfügt ohne je ins Alberne abzugleiten. Aber dann fischt die Chefin des Ordnungsamtes (Ramona Kunze-Liebnow) den Geldumschlag bei der Übergabe aus einem Papierkorb - oder war’s nur, weil ihr weggeworfener Kaugummi dran kleben blieb?

Das ist alles ein bisschen abseitig, ein wenig skurril, aber keineswegs langweilig, geradezu ein „Tatort“ im Erfrischungsbad. Es sollte ein Einzelfall sein, nun sieht es so aus, als ob Tschirner/Ulmen in Weimar in Serie gehen. Nichts dagegen zu sagen. Ach ja: Die fette Hoppe ist eine Wurst, so viel Zeit muss sein.