„Das Ruhrgebiet von oben“ im WDR - Tolle Bilder, platter Ton
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Essen. . Der WDR-Film „Das Ruhrgebiet von oben“ zeigt die Region von ihrer grünsten, freundlichsten und liebenswürdigsten Seite. Richtig genießen kann man das aber nur ohne Ton, denn der Text zu den Luftbildern lässt entschlossen keine Platitüde aus.
Die Mischung aus oberflächlich und hübsch ist ja anfangs immer reizvoll, selbst – seien Sie jetzt bitte nicht allzu enttäuscht – bei Filmdokumentationen. Da ist „Das Ruhrgebiet von oben“ (WDR 20.15 Uhr) keine Ausnahme: Die Luftaufnahmen sind bezaubernd – wenn nur der Sprecher die Klappe halten könnte.
Ein bisschen sieht es aus, als hätte die „Ruhr Tourismus GmbH“ einen namhaften Produktionskosten-Zuschuss geleistet: Man sieht die Halden und die Schrebergärten strahlen, die Werke und die Stadien glänzen, die Seen und die Burgen und die Autobahnen und die Denkmäler; sieht diese zersiedelte, sehr grüne und – in jeder Hinsicht – unkonzentrierte Region.
Schönes Reisefernsehen
Schönes Reisefernsehen ist das, gefühlt gefilmt aus Motorsegler- oder Hubschrauberhöhe. Und wenn kurze Luftbilder aus den 60er-Jahren eingestreut werden, als das Ruhrgebiet tatsächlich noch eine Decke aus Ruß und Staub über den Kopf gezogen trug, dann sieht man auch den Fortschritt dieser Welt. Irgendwann sagt eine junge Brieftaubensportlerin aus Bottrop auch den programmatischen Satz: „Das Ruhrgebiet ist der schönste Ort überhaupt.“
Darüber braucht man natürlich nicht zu diskutieren.
Und jetzt kommt das Aber. Dass man als Ruhrgebietsmensch nichts Neues erfährt, geschenkt, der Film ist ja erkennbar für die da draußen. Sodann treten zunächst ausschließlich Menschen auf, die mit ,oben’ zu tun haben: die Gleitschirmfliegerin, die Taubensportlerin, der Luftbildfotograf. Doch kaum meint man, das als Konzept erkannt zu haben, schließen sich relativ beliebige und komplett geerdete Ruhrgebietsmenschen an.
Kein Gedanke, keine Idee
Aber das Schlimmste ist der Text. Da ist kein Gedanke, keine Idee, keine Interpretation, an die man sich nach zwei Minuten noch erinnern könnte. Stattdessen stellenweiser Unsinn („Die Margarethenhöhe ist ein gutes Beispiel für die zunehmende Lebensqualität im Ruhrgebiet“ – aber die Margarethenhöhe war schon 1910 ein Vorzeigeprojekt). Und Stadtwerbegewäsch, in den der Text zusehends verfällt: „Das Ruhrgebiet ist voller Widersprüche“ . . . „Schulterschluss von Tradition und Moderne“ . . . „Überall entstehen neue Ideen“.
Da soll doch lieber Hans Blossey das letzte Wort behalten, der Luftbildfotograf und charmante Kollege aus Hamm. 30 Jahre ist er in der Luft (natürlich nicht ununterbrochen) und sagt in dem Film: „Ich entdecke immer wieder Neues. Drüberzufliegen und sich das (Ruhrgebiet) anzugucken, ist ein Privileg.“ Aber ihm redet ja auch keiner die Ohren voll.
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