Berlin. . Christian und Bettina Wulff – sie begrüßten sich vor Gericht mit Bussi. Noch ist das Ehepaar verheiratet, doch die Trennung ist beschlossene Sache. Kann der Ex-Partner ein Freund sein? Der renommierte Psychoanalytiker und Paartherapeut Wolfgang Schmidbauer bezweifelt das.
„Lass’ uns Freunde bleiben.“ Das sagen Teenager, wenn sie mit ihrer Sommerferienliebe Schluss machen. Das sagen aber auch Erwachsene – und gut möglich, dass dieser Satz auch bei den Wulffs gefallen ist, als vor einem Jahr klar war, dass es aus ist mit ihrer Ehe. Im Prozess gegen ihren Noch-Ehemann hat Bettina Wulff jetzt erklärt, sie hätten „ein sehr freundschaftliches Verhältnis“. Ist das die Zauberformel für Millionen Trennungspaare? Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer sagt entschieden: nein.
Kein Rosenkrieg, keine öffentliche Schlammschlacht. Die Wulffs haben sich vergleichsweise still getrennt. Wut oder Hass? „Davon kann überhaupt nicht die Rede sein“, sagt Bettina Wulff im Gerichtssaal. Sie halten Kontakt, und zwar mehr, als wegen des gemeinsamen Sohnes eigentlich nötig wäre. Das ist das eine. Das andere ist: Können zwei Menschen, die sich eben noch geliebt haben, auf Freundschaft umschwenken? Wo doch viele schon bezweifeln, dass Männer und Frauen überhaupt Freunde sein können?
Zu viele Kränkungen im Raum
Vorsicht! Der renommierte Münchener Psychoanalytiker glaubt nicht an die Freundschaft mit dem Ex. Im Gespräch mit dieser Zeitung warnt Schmidbauer: „Dafür stehen zu viele Kränkungen im Raum.“ Hinzu kommt: „Meist gibt es einen, der die Trennung will, der sie gar mit einem Aufatmen erlebt, und einen, dem seine Vorstellung vom richtigen Leben zerbricht, der sich schuldig, elend, verlassen fühlt.“
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Christian Wulff klingt jedenfalls nicht so, als sei er schon bereit, in seiner schönen Bettina nur einen guten Kumpel zu sehen, mit dem er zufällig ein Kind hat: „Ich liebe meine Frau noch immer“, hat Wulff neulich gesagt. Man kennt das: Der eine hat längst eine neue Liebe, der andere liegt verwundet unter den Trümmern der alten.
Wulffs Nachfolger Gauck hat sich bis heute nicht scheiden lassen
Wulffs Nachfolger im Amt hat die Geschichte umgekehrt erlebt: Joachim Gauck hat sich vor über 20 Jahren von seiner Ehefrau getrennt. Das Paar hat sich bis heute nicht scheiden lassen, obwohl Gauck seit Langem mit seiner neuen Liebe Daniela Schadt zusammenlebt.
Ein seltener Fall von echter Freundschaft nach der Ehe? Schwer zu sagen. Jedenfalls geht es damit dem einen besser als der anderen: Die Mittsiebzigerin Gerhild „Hansi“ Gauck hat neulich im Interview bekannt, wie schwer ihr die Trennung noch immer fällt: „Ich bemühe mich seit vielen Jahren, dass er nicht mehr wichtig ist für mich. Ich muss ja seit zwanzig Jahren allein leben.“
Sachlich, professionell und diplomatisch - mehr nicht
Wenn die Freundschaft mit dem Ex eine Illusion sein soll – was hilft stattdessen? „Es ist gut und sinnvoll, mit jeder langjährigen, intensiven Beziehung im Leben so umzugehen, wie man es mit wertvollen Gegenständen tut“, rät Schmidbauer. Das heißt: vorsichtig und respektvoll. Das heißt nicht: mit dem Erwartungsdruck einer Freundschaft. „Man sollte sich verhalten wie mit schwierigen Arbeitskollegen im Büro. Man sollte sich vornehmen, höflich, verlässlich und pünktlich miteinander umzugehen.“
Sachlich, professionell und diplomatisch - mehr nicht. „Dadurch, dass die beiden einstigen Partner denken, sie könnten Freunde bleiben, wird alles nur schwieriger.“ Nennt es nicht Freundschaft, nennt es Arbeit! - ruft Schmidbauer Scheidungspaaren zu. Ein Rat, der sich besonders an Paare mit Kindern richtet.
Manches Paar verliebt sich ein zweites Mal
Erst wenn alle Liebestrümmer beseitigt und die Wunden geheilt sind, sei Freundschaft wieder möglich, glaubt der Psychologe.
Und mehr noch: Manches Paar verliebt sich ein zweites Mal. Popstar Madonna ist gerade wieder mit ihrem Ex-Mann Sean Penn gesehen worden. Die gefühlte Hälfte aller romantischen Weihnachtsfilme bringt getrennte Liebespaare wieder zusammen.
Und jedes Kind weiß, was aus den Scheidungseltern bei Erich Kästners „Doppeltem Lottchen“ wird: Sie heiraten ein zweites Mal.