Washington. . In den USA sollen Fluggäste künftig während eines Fluges telefonieren dürfen. Damit würde eine der letzten Handy-freien Zonen geräumt. Telekommunikations-Vertreter halten die Aufhebung der Regel für überfällig - doch in der Kundschaft regt sich bereits Widerstand.
Für manche Flugreisende ist die Kakophonie aus laut quasselnden Erwachsenen und schreienden Babys und Kindern schon heute oft an der Grenze des Erträglichen. Geht es nach der US-Regulierungsbehörde „Federal Communications Commission“, dann kommt demnächst über den Wolken eine weitere Störquelle hinzu. FCC-Chef Tom Wheeler will eine der letzten Handy-freien Zonen räumen. Ab 3000 Meter Flughöhe sollen künftig über Amerika die Mobiltelefone klingeln dürfen.
„Es wird Zeit, unsere veralteten und restriktiven Regeln zu überprüfen“, sagte Wheeler, der einst in der Telekommunikations-Branche beschäftigt war. Moderne Technik biete heutzutage Möglichkeiten, die der Sicherheit im Flugverkehr nicht im Weg stünden, sagte er.
Allein die Ankündigung, das seit 1991 geltende Fernsprechverbot für individuelle Mobiltelefone aufgeben zu wollen, hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Noch am Donnerstag erschien auf der Internet-Seite des Weißen Hauses eine Petition. Darin wird die Regierung aufgefordert, die Idee umgehend zu beerdigen.
Die Vereinigung der Flugbegleiter (CWA) unterstützt die Kritik. „Passagiere lehnen in überwältigender Mehrzahl Handy-Konsum während des Fluges ab“, sagte eine Sprecherin in Washington, „alles, was laut und ärgerlich ist, kann den Betrieb an Bord stören und unsicher machen.“
Lärmpegel gilt als gut steuerbar
Die Regulierungsbehörde FCC hält dem entgegen, dass die Crew an Bord je nach Lärmpegel und Grad der Belästigung das Telefonieren steuern könne. Technisch sei es möglich, dass etwa auf Langstreckenflügen in der Nacht nur nur Internetverbindungen oder Textmitteilungen zugelassen sind, nicht aber störende Anrufe.
Einzelne Fluggesellschaften reagierten in ersten Stellungnahmen verhalten. American Airlines und JetBlue teilten mit, dass man stets einen Kompromiss im Auge behalten müsse - „zwischen Passagieren, die ruhebedürftig sind und jenen, die an die Kommunikationsströme angeschlossen sein wollen“. Die Skepsis hat Gründe. Bereits 2004 hatte die FCC einen Vorstoß gemacht, die Grenzen des Mobilfunkverkehrs in der Luft neu zu vermessen. Damals machte massiver Protest der Kundschaft den Plan zunichte.
Reisepsychologen sehen ein Risiko
Reise-Psychologen sehen in den Lockerungsbestrebungen einen großen Fehler. Auf engem Raum Hunderte in „Mithör-Geiselhaft“ zu nehmen, werde den Stressfaktor im Flugzeug deutlich erhöhen, schreibt ein Experte in einem Blog der New York Times. „Die Gefahr von Wutanfällen an Bord wird steigen.“
Die FCC will das Thema am 12. Dezember erstmals intensiv diskutieren. Bis zu einer möglichen Genehmigung muss ein umfangreiches Verfahrens absolviert werden, in dem Kunden-Verbände, Piloten- und Stewardessen-Vereinigungen sowie die Luftfahrtbehörde FAA Mitspracherechte haben.
In Deutschland hatte eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom zuletzt ergeben, dass nur 19 Prozent der Befragten für eine uneingeschränkte Nutzung von Handys an Bord waren, 55 Prozent aber strikt dagegen.