Gwadar. Die Zahl der Todesopfer nach dem schweren Erdbeben in Pakistan ist am Mittwoch weiter gestiegen. Die Behörden haben mehr als 320 Leichen geborgen, Hunderte Menschen wurden verletzt. Unterdessen ist im Arabischen Meer nach dem Beben vom Dienstag eine neue Insel aufgetaucht.
Nach dem schweren Erdbeben vom Dienstag in Pakistan sorgt eine neue Insel, die plötzlich im Arabischen Meer aufgetaucht ist, für Aufsehen. Die Menschen in der rund 400 Kilometer südlich des Epizentrums gelegenen Hafenstadt Gwadar sahen nach dem Beben, dass "ein riesiges Ding" aus dem Wasser ragte, wie es Anwohner Muhammad Rustam beschrieb. "Es war ein bisschen unheimlich."
Wissenschaftler des pakistanischen Nationalen Instituts für Ozeanografie eilten zu der Insel. Sie hätten dort hohe Konzentrationen von Methangas entdeckt, sagte der Meeresbiologe Mohammad Danish dem Fernsehsender GEO. "Unser Team entdeckte Blasen, die von der Oberfläche der Insel aufstiegen, und die brannten, wenn ein Streichholz angezündet wurde", sagte Danish. Die Insel ist nach seinen Angaben rund 20 Meter hoch, 90 Meter breit und 37 Meter lang und liegt 200 Meter von der Küste entfernt.
Experte gibt dem Schlammvulkan wenige Monate
Der australische Seismologe Gary Gibson von der Universität Melbourne sagte der Nachrichtenagentur AFP, es handele sich wahrscheinlich um einen "Schlammvulkan", bei dem Methangas während eines Bebens Material an die Oberfläche katapultiert. Dies sei ein sehr seltenes Phänomen, das in der Gegend aber bereits vorgekommen sei. Die Insel sei keine feste Struktur, sondern ein Schlammgebilde, sagte Gibson. Sie werde durch die Wellenbewegungen wieder zerfallen. Der pakistanische Geologe Shamim Ahmed Shaikh gab der Insel noch einige Monate.
Unterdessen ist die Zahl der geborgenen Toten auf mehr als 300 gestiegen. Nach Behördenangaben vom Mittwoch starben mindestens 328 Menschen, mehr als 450 weitere wurden bei dem Beben der Stärke 7,7 verletzt, das am Dienstag ganze Dörfer im Südwesten zerstört hatte. Der Hilfsorganisation Caritas zufolge werden in der Gegend dringend Hilfsgüter benötigt.
Zehntausende Bewohner von Folgen des Bebens betroffen
Die Behörden rechneten mit einem weiteren Anstieg der Opferzahlen. Zehntausende Bewohner der Region waren von den Folgen des Bebens betroffen. Im Dorf Dalbedi zerstörte das Beben rund 250 Häuser, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Mit bloßen Händen gruben Dorfbewohner in den Trümmern ihrer Häuser nach ihrem Hab und Gut.
Der Bauer Noor Ahmed sagte, die Erdstöße hätten zwei Minuten gedauert. "Wir haben alles verloren, selbst unsere Lebensmittel liegen unter den Trümmern", sagte der 45-Jährige. Das Wasser aus den unterirdischen Leitungen sei verschmutzt.
Große Probleme bei Versorgung von Verletzten
Die Behörden sprachen von großen Problemen bei der Versorgung von Verletzten. "Es gibt in den örtlichen Krankenhäusern keinen Platz, wo wir die Verletzten behandeln können", sagte der Sprecher der Provinzregierung, Jan Muhammad Buledi. "Wir wollen versuchen, die Schwerverletzten per Hubschrauber nach Karachi zu bringen und die anderen in die Nachbarbezirke." 300.000 Menschen in sechs Bezirken seien von dem Beben betroffen. Es gebe noch viele Verschüttete unter den Trümmern.
Pakistanische Armee unterstützt die Rettungskräfte
Der Innenminister von Baluchistan, Azad Gilani, sagte, es werde weiter nach Verschütteten gesucht. Vorrang habe aber, die Verletzten so schnell wie möglich in Krankenhäuser zu bringen. Die Armee unterstützte die Rettungskräfte mit rund hundert Ärzten und tausend Soldaten sowie mit Hubschraubern. In dem am stärksten zerstörten Dorf Tarteej errichtete das Militär ein Feldlazarett.
Besonders betroffen war der Bezirk um die Stadt Awaran, wo das Epizentrum lag. Ein ranghohes Mitglied der Bezirksverwaltung, Abdul Rasheed Baluch, sagte, etwa 90 Prozent der Häuser in der Gegend seien zerstört worden.
Es fehlt an Zelten, Lebensmittel, Wasser und Medikamenten
Die Caritas erklärte in Freiburg, nach Angaben von Mitarbeitern im Bezirk Awaran würden für die Erdbebenopfer dringend Zelte, Lebensmittel, Wasser und Medikamente benötigt. Weitere Rettungsteams der Caritas seien unterwegs ins Katastrophengebiet. Da in der Gegend Aufständische gegen die pakistanische Regierung kämpfen, bereite die Sicherheitslage den Mitarbeitern Sorge, fügte die Organisation hinzu. Erste Hilfstrupps der Armee seien am Dienstag von Aufständischen angegriffen worden.
In Baluchistan, der größten Provinz Pakistans, liegen Stammesgebiete, die als Rückzugsort für islamische Extremisten gelten. Der Bezirk Awaran ist ein sehr armer Landstrich mit rund 300.000 Einwohnern. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS folgten auf das Beben vom Dienstag rund ein dutzend Nachbeben. (afp)