Münster. Neue Runde im Streit um die E-Zigarette: Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat am Dienstag entschieden, dass es sich bei den nikotinhaltigen Liquids nicht um Arzneimittel handelt. Mit dieser Begründung war der Verkauf von E-Zigaretten und Zubehör verboten worden.
Nikotinhaltige Flüssigkeiten für rauchfreie E-Zigaretten, sogenannte Liquids, sind keine Arzneimittel. Das hat das Oberverwaltungsgericht in Münster am Dienstag in einem Grundsatzurteil entschieden. Handel und Verkauf von Produkten rund um E-Zigaretten sind damit nicht strafbar.
Das Gericht wies in drei Verfahren die Rechtsauffassungen der Stadt Wuppertal, des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesrepublik Deutschland zurück. In all diesen Verfahren ließ das Gericht Revision zu (Az.: 13 A 2448/12, 13 A 2541/12 und 13 A 1100/12).
OVG stützt sich auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
In der Begründung der Urteile in den drei Fällen stützte sich das Gericht auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie auf Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des Deutschen Krebsforschungszentrum. Arzneimittel - wie etwa Nikotinpflaster - hätten typischerweise eine therapeutische Eignung und eine therapeutische Zweckbestimmung, erläuterte das OVG. Beide Voraussetzungen seien bei nikotinhalten Liquids nicht gegeben. Liquids seien "weder dazu geeignet noch dazu bestimmt, einen dauerhaften Rauchstopp zu erzielen".
Für Arzneimittel gilt ein langwieriges Zulassungsverfahren. Anschließend dürfen die Produkte in der Regel nur in Apotheken verkauft werden.
Juristische Lage bislang unzureichend
Im ersten der drei Verfahren, die am Dienstag auf der Tagesordnung standen, kritisierten beide Seiten, dass die juristische Lage zur Einordnung von E-Zigaretten bisher unzureichend gewesen sei. Geklagt hatte eine Händlerin aus Wuppertal, der von der Stadt der Verkauf von Liquids untersagt worden war. Die Stadt Wuppertal hatte nikotinhaltige Liquids für E-Zigaretten ab einer bestimmten Konzentration als Arzneimittel eingestuft. Die Kauffrau hatte ihre zwei Geschäfte schließen müssen.
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Im zweiten Verfahren ging es um einen Streit zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und einem Produzenten von E-Zigaretten. Nach einer Warnung vor den umstrittenen Produkten durch Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) war der Umsatz der E-Zigaretten eingebrochen.
Gericht tadelt Ministerium wegen Warnung vor E-Zigaretten
Das Gericht tadelte das Ministerium. "Eine geäußerte Meinung muss rechtssicher sein. Wenn es Zweifel gibt, muss das Ministerium auf Zweifel auch hinweisen", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Lau. Er verwies auf ein Urteil aus dem Jahr 2011, bei dem ein Gericht die Arzneimittel-Zugehörigkeit von nikotinhaltigen Liquids verneint hatte. "Das hätte das Ministerium berücksichtigen müssen."
Im dritten Fall klagten zwei Unternehmen, die nikotinhaltige Liquids und E-Zigaretten herstellen beziehungsweise vertreiben. Sie wollten gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte feststellen lassen, dass die Liquids keine Arzneimittel und die für deren Verdampfen notwendigen E-Zigaretten keine Medizinprodukte seien. Das OVG hat dies jetzt bestätigt. Ob das Bundesinstitut in Revision gehen wird, ist nach Aussage eines Sprechers noch offen. (dpa)