Bochum. Viele Senioren trinken im Laufe des Tages zu wenig. Aber auch junge Leute quälen ihren Körper und strapazieren die Nieren. Ärzte warnen: Gerade im Sommer ist es wichtig, dass der Körper viel Flüssigkeit bekommt, damit die Organe gut arbeiten können. Tipps und Infos.
Die Nieren sind so etwas wie die Saubermänner im Körper. Stoffwechselabfälle und schädliche Stoffe, die der Organismus loswerden muss, werden über Nieren und Harnwege nach draußen gespült. Damit das System gut arbeiten kann, ist es wichtig, dass es viel Flüssigkeit bekommt, gerade jetzt, im Hochsommer. Und hier liegt das Problem: Nierenfachärzte stellen besorgt fest, dass viele Menschen zu wenig trinken.
Gerade ältere kämen oft nicht auf die empfohlenen zwei Liter täglich. Doch auch junge, zum Beispiel überdrehte Partygänger, quälen ihren Körper bis zum Umfallen: „Sie tanzen die Nacht durch, vergessen zu trinken und kippen um“, sagt Professor Dirk Bokemeyer aus Bochum. Bei der schwül-warmen Witterung bekommen er und seine Kollegen von der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten an der Augusta-Kranken-Anstalt mehr zu tun als sonst. „Bei dieser Art von Nierenversagen wird den Patienten häufig mit einer vorübergehenden Dialyse geholfen“, sagt der Mediziner. Besser ist natürlich, solche Zusammenbrüche gar nicht erst zuzulassen.
Wie viel sollten wir trinken?
Dirk Bokemeyer empfiehlt mindestens zwei Liter täglich. Für die Niere spiele es zwar keine Rolle, ob die Getränke beispielsweise gesüßt sind, aber im Sinne des allgemeinen Wohlbefindens rät der Arzt vor allem zu Mineralwasser und Tee. „Kaffee darf nicht mit in diese Zwei-Liter-Bilanz gerechnet werden, der zählt nicht.“
Sein Kollege Dr. Thomas Hulisz ist Ernährungsmediziner und Medizinischer Leiter des Adipositas-Zentrums NRW am Augusta-Krankenhaus. Auch er stellt fest, dass beim Trinkverhalten der Menschen noch einiges verbessert werden kann. „Gutes und günstiges Wasser kommt aus der Leitung, da kostet der Liter um einen Cent“, sagt Hulisz. In älteren Wohnhäusern, in denen das Leitungswasser noch durch die umstrittenen Bleirohre fließt, sollten die Leitungen aber erst gut durchgespült werden. Mit den ersten Litern könnten beispielsweise die Blumen gegossen werden, die nächsten Liter dürfen ins Trinkglas.
Auch interessant
Und wenn ich das Trinken vergesse?
Gerade ältere Menschen denken häufig nicht daran, regelmäßig und vor allem ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. „Senioren fehlt der Durstantrieb“, mahnt Dirk Bokemeyer. Sein Tipp: In der Wohnung an gut sichtbaren Stellen Wasserflaschen und Gläser aufbauen, die an das Trinken erinnern sollen. Wem Wasser zu fad schmeckt, dem rät er, es mit Fruchtsäften geschmacklich interessanter zu machen.
Welches Wasser aus der Flasche ist am besten?
Nur wo Mineralwasser draufsteht, ist auch Mineralwasser drin. „Tafelwasser, Sprudelwasser oder Alpenwasser kann alles Mögliche sein, in den meisten Fällen ist es Stadtwasser aus dem großen Wasserhahn“, sagt Hulisz. Ein richtig gutes Mineralwasser sei mit eigener Quellkohlensäure angereichert und nicht mit einem industriellen Kohlensäurezusatz. An den edel aussehenden Modewasser-Flaschen lässt der Ernährungsexperte kein gutes Haar: „Wasser mit fünf oder acht Milligramm Natrium pro Liter, dazu noch ein Hauch Chloride und eine Spur Kalzium, fertig ist das teure Wunderwasser“, – aus Hulisz’ Sicht purer Blödsinn.
Lieber salzarm trinken?
Mediziner sagen über Natrium viel Gutes, sprechen vom „wichtigsten Mineralstoff im Trinkwasser“. Ein Natriumgehalt unter zwanzig Milligramm pro Liter bedeute „streng salzarm“. Solch ein Wasser sei nur für Säuglinge und ganz wenige Nierenkranke wirklich geeignet. Die überwiegende Mehrheit der Kinder und Erwachsenen, der älteren Menschen und Sportler benötige deutlich mehr. Thomas Hulisz empfiehlt „um die hundert Milligramm pro Liter Wasser“.
Auch interessant
Gerade im Sommer tue etwas mehr Natrium gut, wenn wir viel (aus-) schwitzen. Auch Kalzium, Magnesium und Kalium seien wichtige Inhaltsstoffe, Knochen und Nervenzellen sehnen sie herbei. Wer ein gesundes Mineralwasser kaufen möchte, sollte sich an einem Mineralstoffgehalt von insgesamt 1500 Milligramm orientieren und nicht an einer schönen blauen Flasche und der Werbung „Aus dem Herzen der Vogesen“.
Neben dem akuten Nierenversagen, beispielsweise durch zu wenig Flüssigkeit, bekommen es die Krankenhäuser häufig mit dem chronischen Nierenversagen zu tun. „Die Wahrscheinlichkeit, daran zu erkranken, steigt mit dem Lebensalter“, sagt Nierenarzt Dirk Bokemeyer. Männer seien häufiger betroffen als Frauen. Bluthochdruck, Blutzucker, eben diese typischen Wohlstandskrankheiten, könnten das Risiko einer Nierenerkrankung begünstigen, sagt er. Als Faustregel gilt: Ab einer Restfunktion von weniger als 15 Prozent müsse eine kranke Niere ersetzt werden, meist durch eine Dialyse oder durch eine Transplantation.
Die Niere: Kleines Organ, wichtige Rolle
Mit ihren je knapp 200 Gramm Gewicht und 10 cm Länge gehören die beiden Nieren im menschlichen Körper eher zu den kleineren Organen. Trotzdem spielen sie im Organismus eine große Rolle. Jeden Tag werden sie von etwa 1800 Litern Blut durchströmt. Die Niere hält den Salz- und Wasserhaushalt konstant. Wenn die Niere nicht mehr funktioniert, sammeln sich schädliche Stoffe im Körper, der Körper wird überschwemmt und vergiftet.