Neu-Delhi/Calgary. . Überschwemmte Siedlungen, zerstörte Straßen: Indien wie Kanada leiden unter Hochwasser-Katastrophen. Die Rede ist von Hunderten Toten. Zehntausende sind vermisst. Polizei und Armee üben sich in Hilfe und Schadensbegrenzung. Kanada hat den Notstand ausgerufen.
Mit Helikoptern suchte die Polizei nach Überlebenden und warf Essenspakete ab. Fernsehbilder zeigten, wie Menschen sich an Klippen entlanghangelten, um sich in Sicherheit zu bringen. Die Zahl der Flutopfer in Indien ist nach tagelangen Regenfällen auf rund 300 gestiegen. Noch immer gelten nach Behördenangaben knapp 14 000 Menschen als vermisst. Mit Hunderten von Todesopfern wird mittlerweile gerechnet. Rettungskräfte versuchten am Freitag, vom Wasser abgeschnittene Orte im Norden Indiens zu erreichen.
Nach wie vor sitzen rund 50 000 Menschen fest, darunter zahlreiche Pilger, die im am schwersten betroffenen nordindischen Bundesstaat Uttarakhand die zahlreichen hinduistischen Tempel besuchen wollten. Der Monat Juni gilt dort als Hochsaison für Pilgerreisen und Tourismus. In diesem Jahr hatte der Monsunregen aber früher als üblich eingesetzt und die Menschen überrascht.
35.000 Menschen in Sicherheit gebracht
Radhey Shyam, der nach Kedarnath gepilgert war, ist der einzige Überlebende seiner dreizehnköpfigen Familie. „Meine Frau, meine Tochter und meine Verwandten wurden alle von den Fluten fortgespült“, sagte er dem Sender NDTV. „Keiner von ihnen lebt mehr“, fügte er hinzu. „Eine Menge Leute sind auf Berge geklettert oder befinden sich im Wald. Sie brauchen Hilfe und müssen so schnell wie möglich gerettet werden“, forderte er. Bisher konnten nach Behördenangaben 35 000 Menschen in Sicherheit gebracht werden.
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Allein im Bundesstaat Uttarakhand starben seit Sonntag 250 bis 300 Menschen, wie der lokale Katastrophenschutz mitteilte. Verärgerte Angehörige blockierten am Freitag die Straßen um den Flughafen Jolly Grant in der Hauptstadt des Bundesstaates. Damit protestierten sie gegen mangelnde Unterstützung und Informationen durch die Behörden.
Auch in den Bundesstaaten Uttar Pradesh und Himachal Pradesh waren in den vergangenen Tagen Dutzende Menschen den Fluten zum Opfer gefallen.
Notstand in Kanada
Hochwasser plagt ebenfalls Kanada. Dort wurde der Notstand ausgerufen. Die beliebte Region um die kanadische Olympiametropole Calgary wird derzeit von schweren Überschwemmungen heimgesucht. Wegen anhaltend starker Regenfälle und anschwellender Flüsse bereiten die Behörden die Evakuierung von bis zu 100 000 Einwohnern im Großraum Calgary vor. Zahlreiche Urlauber sitzen in den Rocky Mountains fest.
Nach Angaben der Behörden sind von den Evakuierungen insgesamt 28 Vororte von Calgary und acht Gemeinden betroffen. In zwölf Ortschaften wurde der Notstand ausgerufen. Überall in der Region wurden Brücken von den Wassermassen weggerissen und Straßen geflutet. In der Millionenstadt trieben Autos, Möbel und Elektrogeräte in den Fluten. Alle Schulen wurden geschlossen. Die vom Hochwasser des Bow und Elbow River betroffenen Bewohner wurden aufgefordert, bei Verwandten oder Freunden Unterschlupf zu finden.
Beliebte Ferienorte wie Banffvon der Außenwelt abgeschnitten
Die bekannten Ferienorte Canmore und Banff in den Rocky Mountains sind betroffen. Beide Orte waren wegen Erdrutschen, überfluteter Straßen und instabiler Brücken teilweise von der Außenwelt abgeschnitten.
Der stark befahrene Trans-Kanada-Highway, der Calgary mit den Nationalparks in den Rocky Mountains verbindet, war am Freitagmorgen noch immer teilweise gesperrt. Mehrere Stellen sind bis auf Weiteres in beiden Richtungen unpassierbar. Auch der südliche Teil der Panoramastraße „Icefields Parkway“ ist geschlossen. Zahlreiche Touristen stecken fest.
In Banff verteilte der Fremdenverkehrsverband Listen mit freien Zimmern an gestrandete Urlauber. In den Kinos liefen Sondervorstellungen, damit sich die Besucher die Zeit vertreiben könnten. Die Parkbehörde schloss zur Vorsorge einige Campingplätze und warnte vor Wanderungen und Spaziergängen in Flussnähe. Anreisenden Urlaubern wurde nahe gelegt, die Region weiträumig zu meiden.