Mumbai/Shanghai. Die längste Sonnenfinsternis des Jahrhunderts hat Dienstagnacht in Asien Millionen Menschen in ihren Bann gezogen. Ärgerlich nur: Vielerorts verdeckten dichte Monsunwolken das Himmels-Schauspiel.
Es war die längste Sonnenfinsternis dieses Jahrhunderts: In der Nacht zu Mittwoch blieb die Sonne in Asien teils fast sieben Minuten dunkel. Die Sonne verfinsterte sich ab 2.30 Uhr MESZ allmählich über Indien. Dann zog das Himmelsschauspiel zog dann Richtung China weiter. Vielerorts wurde das Erlebnis durch eine dichte Wolkendecke getrübt.
Von Indien über Bhutan bis China
Im westindischen Bundesstaat Gujarat verfinsterte sich die Sonne um 02.53 Uhr, in China war das Spektakel ab 03.13 Uhr zu beobachten. Der Korridor in einer Breite von 258 Kilometern zog von Indien über Nepal, Bhutan, Bangladesch, Birma und China zu den südjapanischen Inseln. Nach den Berechnungen der Astronomen hatte er eine Länge von 15.000 Kilometern.
In Mumbai war das Himmelsschauspiel wegen Monsun-Regenwolken nicht direkt zu beobachten. Im Nehru-Planetarium erwiesen sich die speziellen Sonnenbrillen als wertlos, die Beobachter waren in Regenjacken gehüllt und spannten ihre Regenschirme auf. Auch in Shanghai regnete es während der Sonnenfinsternis zeitweise, einige Beobachter konnten das Himmelsschauspieler jedoch wahrnehmen, als die Wolkendecke kurz aufriss. «Die Wolken zogen auf, dann bildeten sich Lücken und plötzlich habe ich es gesehen», schwärmte der Geschäftsmann Glenn Evans aus den USA, der in Shanghai arbeitet.
Die Sonnenfinsternis überzog einige der meistbewohnten Gegenden der Welt, so dass sie die größte Beobachterschar in der Geschichte der Menschheit gehabt haben dürfte. Eine Finsternis ähnlichen Ausmaßes haben die Astronomen erst wieder für das Jahr 2132 errechnet. Die nächste Sonnenfinsternis wird sich am 11. Juli 2010 ereignen, jedoch lediglich im Südpazifik zu beobachten sein.
Inderinnen verschieben Geburten per Kaiserschnitt
Das Himmelsereignis rief bei den Bewohnern der betroffenen Gebiete die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Ein Sonderflug der Firma Cox and Kings hob von Neu Delhi Richtung Osten ab, um den Fluggästen eine direkte Beobachtung der Finsternis zu ermöglichen. Die 21 Sitzplätze der Boeing 737-700 auf der Sonnenseite wurden für 79.000 Rupien (rund 1200 Euro) verkauft. In Neu Delhi verschoben etliche Schwangere die für diesen Tag geplante Geburt per Kaiserschnitt. In der heiligen indischen Stadt Kurukshetra kamen eine Million Pilger zusammen. Viele nahmen während der Sonnenfinsternis ein Bad zur Seelenreinigung. In den Ufercafés in Shanghai wurden spezielle Sonnenfinsternis-Frühstücke serviert.
Die Finsternis dauerte je nach Standort unterschiedlich lange. Das Maximum wurde mit sechs Minuten und 39 Sekunden über dem Pazifik erreicht. Sonnenfinsternisse faszinieren die Menschheit seit jeher. In China wurde das Phänomen, bei dem sich der Mond zwischen Erde und Sonne schiebt und damit einen Schatten auf die Erde wirft, traditionell so erklärt, dass ein Drache das Himmelsgestirn verschluckt. In der hinduistischen Mythologie werden die Dämonen Rahu und Ketu für die Verfinsterung verantwortlich gemacht. Der 22. Juli sei ein «sehr gefährlicher Moment im Universum», sagte der indische Astrologe Raj Kumar Sharma. «Wenn die Sonne, die Anführerin unter den Gestirnen, krank ist, dann bedeutet das, dass es auf der Welt große Probleme geben wird.» (AFP)