Essen. Das 18-minütige „Dinner for One“ gehört heutzutage für die Deutschen schon zu Silvester wie Bleigießen, Sekt und Neujahrsansprache. Vor 50 Jahren war das anders. Die Zuschauer, die vor 50 Jahren Peter Frankenfeld einschalteten, verstanden nämlich kaum ein Wort. Der Erfolg des Stücks kam erst später.
Viele, die an diesem Abend des 8. März 1963 gegen halb zehn auf dem Sofa sitzen, verstehen kein Wort von dem, was da gerade aus dem neuen Fernseher tönt. Um die neue TV-Show „Guten Abend, Peter Frankenfeld“ zu sehen, haben sie eingeschaltet. Stattdessen sehen sie einen Butler, der dauernd stolpert, und eine alte Lady am Tisch, die beide Englisch reden. „Das Gespräch ist nicht wichtig“, hat Sprecher Heinz Piper den Zuschauern zuvor gesagt. „Es ist völlig ohne Belang.“ Mit Ausnahme eines kurzen Dialoges: „The same procedure as last year, Miss Sophie?” – „The same procedure as every year, James”. Heute vor 50 Jahren ist Freddie Frintons „Dinner for One“ erstmals im deutschen Fernsehen zu sehen. Zum Silvesterkult wird es erst knapp zehn Jahre später.
Frankenfeld, heißt es oft, habe den mittlerweile legendären Sketch bei einem Besuch im englischen Blackpool entdeckt. Wahr ist, dass er Freddie Frinton und May Warden entdeckt hat, die die Nummer dort damals zum Besten geben. Der Sketch selbst ist schon alt, war mit anderer Besetzung sogar schon einmal in einer deutschen Show zu sehen gewesen, ohne groß in Erinnerung zu bleiben.
Frankenfeld ist begeistert von Frinton. Umgekehrt ist das nicht so. Der damals 52-Jährige will seinen Sketch nicht in fremder Sprache spielen, ja er will nicht mal nach Deutschland kommen. Zumindest die Reiselust wird mit Geld geweckt. Für den Auftritt vor dem überwiegend aus NDR-Bediensteten bestehenden Publikum im „Theater am Besenbinderhof“ kassiert der Schauspieler 4150 DM brutto. Tantiemen für Wiederholungen werden nicht vereinbart. „Das war damals nicht üblich“, heißt es beim Sender.
Immer neue Versionen
Der Erfolg des Sketches ist anfangs überschaubar. Aber die Nummer ist eine der ersten, die mit der neuen MAZ-Technik aufgezeichnet worden ist, und kann daher immer wieder gezeigt werden. Zunächst als „Pausenfüller“, 1972 erstmals auch zu Silvester. Seitdem ist er auf diversen ARD-Sendern rund 250 Mal gelaufen und hat dabei über 180 Millionen Zuschauer erreicht. Jedes Jahr kommen knapp 20 weitere Ausstrahlungen hinzu.
Natürlich gibt es auch mal Ärger um das Dinner. 1997 moniert das Bundesamt für Naturschutz die Verwendung eines ausgestopften Tigers. Das sei „keine gute Anregung“ für den Umgang mit exotischen Arten. Und ein Schauspieler warnt: „Das Stück ist nicht gerade ein gutes Vorbild für die Jugend im Umgang mit berauschenden Getränken.“ Sein Name: Harald Juhnke.
Doch da gehört das 18-minütige Dinner für die Deutschen schon zu Silvester wie Bleigießen, Sekt und Neujahrsansprache. Nach und nach wird es in verschiedene Dialekte übertragen. In der hessischen Version stürzt Diener Rudi Äbbelwoi „un e Likörsche“ für die nicht erschienenen Gäste herunter und in der Ruhrgebietsfassung prostet Butler Jakob der „Omma Soffie“ zu.
Im Laufe der Zeit verkauft der NDR die Sendung in rund 20 Länder, darunter Südafrika, Polen und Norwegen.
Nur in England wird nicht über das ungleiche Duo gelacht. Die Briten, glaubt Stefan Mayr in seinem Buch „Dinner for One von A-Z“, störe die Darstellung stark alkoholisierter Adliger wie Sir Toby. Und für den Bremer Kulturwissenschaftler Rainer Stollmann liegt die Ablehnung auf der Insel in der Herkunft von Freddie Frinton. Der Mann sei schließlich „vom Tingeltangel“ gekommen.
Frinton hat den großen Erfolg seines Sketches nicht mehr mitbekommen. Er stirbt 1968 nach einem Bühnenauftritt. Angestoßen hätte er auf den Ruhm ohnehin nicht. Er war nämlich Anti-Alkoholiker.