Essen. . Der Chefsessel wird es dann wohl nicht, erstmal jedenfalls. In meinem Like-Sammel-Selbstversuch wollte ich die 1 Million-Marke knacken, mehr als 12.000 Likes sind es nach einer Woche geworden. Für den Erfolg gibt es nicht das Chefbüro, aber das Zepter in der Redaktionskonferenz.

Eine Woche ist rum. Und die war voller Tage, die vom normalen Redaktionsalltag deutlich abwichen: Recherchieren für einen Artikel - dann schnell bei Facebook reingucken. Telefonieren mit Pressesprechern - und eben den Like-Stand checken. Polizeimeldung schreiben - dann zackig zu Twitter. Artikel abnehmen mit den Redakteurskollegen - und wieder ein schneller Blick zu Facebook. Die Aktion hatte mich gepackt. Stürmisch war's. Und wirklich aufregend.

Die Aufregung hatte ich mir selbst eingebrockt. Denn ich forderte meinen Chef heraus. Wenn ich 1 Million Likes auf Facebook sammeln kann, darf ich einen Tag lang Chefredakteur von WAZ.de sein. Thomas Kloß willigte ein, und los ging es.

Ab dem Moment, als mein Selbstversuch an den Start ging, stand ich unter Strom. Die direkte Reaktion der Leser war beeindruckend. Innerhalb der ersten Stunden 1000 Likes. Klasse, es funktioniert. So also geht virale Verbreitung. Nicht nur Freunde und Bekannte drückten den "Gefällt mir"-Button. Auch Unbekannte unterstützten die Aktion.

Immer der Blick auf den aktuellen Stand

Die Zahlen stiegen und stiegen.11.111 - das war mein persönliches, heimliches Ziel. So viel Aufmerksamkeit, ein sonderbares Gefühl. Und dem Jubel folgte dann ein weiterer Gedanke, denn noch sonderbarer finde ich: Dass diese Masse an kleinen "Daumen-hochs" so eine anfixende Wirkung hat.

Auf den Fluren in der Redaktion hörte ich nur noch: "Und? Wieviel haste?" oder "Wo stehen wir?"Nach Feierabend sprachen mich Freunde auf die Aktion an. Medienportale wurden auf die Wette aufmerksam. Und immer häufiger klickte ich auf mein Foto, um den aktuellen Stand abzufragen.

Meine langen 15 Minuten Ruhm

Die Million zu knacken, und das in so kurzer Zeit, darüber dachte ich ehrlich gesagt nicht nach. Ich wollte vor allem selber erleben. Ich wollte selber Teil einer Welle sein, die etwas bewegt und sich zusammenschließt, um sich dafür einzusetzen, eine Sache zu realisieren.

Schon komisch, die eigenen 15 Minuten Ruhm, die Andy Warhol jedem Menschen im Leben zuspricht, mal eben so auf einmal zu verballern. Es waren lange 15 Minuten, soviel ist klar. Aber eben auch sehr abwechslungsreiche.

Und es hat sich gelohnt. Das Spektrum der Lesermeinungen war extrem weit. Kritische Stimmen, der Rat, ich solle doch erst einmal einen Schulabschluss machen und Hinweise, dass an einem Tag auf dem Chefsessel doch eh nix zu reißen sei, standen der riesigen Menge an Unterstützern gegenüber. "Weiter so", "Viel Erfolg", "Eine mutige Idee".

Leitung in der Konferenz, statt Chefsessel

Das sieht auch der Chef so, auch wenn er seinen Job nicht an mich abtreten muss. Immerhin übernehme ich am Freitag seine erste Aufgabe des Tages und leite unsere Redaktionskonferenz.Und für die Dauer, in der ich dann Chefin bin, habe ich mir was überlegt. Klar nehmen wir auch sonst Meinungen und Themenvorschläge aus Facebook-Nachrichten und Kommentaren oder Tweets auf. Wer von uns dort was Spannendes, Brisantes, Wichtiges sieht, bringt es auf den Tisch.

Schickt mir Eure Themen

Doch ich möchte mich als Chefredakteurin ganz in Euren Dienst stellen. Ich habe in der Konferenz am Freitag die Leitung, das Sagen, und ich bin dann Eure Stimme. Also schickt mir Themenvorschläge, Ideen für Geschichten, die dringend mal geschrieben werden müssen. Ich setze sie auf die Agenda, damit sie in der Konferenz diskutiert werden.

Schickt mir einfach eine Mail an wir@derwesten.de mit dem Betreff "Anna wird Chefin". Ich freue mich sehr auf Eure Ideen.