Köln. Er war ganz oben, dann ganz unten. Jetzt ist Matthias Reim („Verdammt ich lieb’ Dich“) wieder zurück. Der Schlager-Star freut sich darüber „unendlich“ (Album-Titel) – auch, dass Fans ihm immer die Treue hielten.
Man hat ihn ja nicht mehr da erwartet. Ganz oben in den Charts. Nummer eins. Mit einer CD, die „Unendlich“ heißt. „Na ja“, gibt Matthias Reim zu, „ich bin selbst überrascht.“ Angenehm natürlich und auch „nur ein wenig“, weil: „Insgeheim gehofft habe ich das immer“, sagt der 55-Jährige.
Denn er weiß ja, wie das ist – ganz oben. Er war ja schon mal da. Braun gebrannt und blond gelockt und vorzugsweise mit einer Jeansjacke bekleidet. Vor 23 Jahren und auch damals über Nacht. „Verdammt ich lieb dich“ heißt das Lied, mit dem er 16 Wochen an der Spitze der Hitparaden steht und von dem er zwei Millionen Tonträger verkauft. Mehr als genug für eine Villa in Florida, schicke Autos und eine Jacht. „Das Geld“, erinnert sich der gebürtige Korbacher, „fiel praktisch vom Himmel.“
Matthias Reim
Sein damaliger Manager hebt es auf, steckt es in Häuser, die in Leipzig oder Hoyerswerda stehen. Oder in Imbissbuden und Dachdeckerbetriebe. Am Ende hat der Sänger Dutzende Wohnungen und mehr als 30 Firmen. Soll Steuern sparen, macht ihn aber arm. 1999 plagen Reim Schulden in zweistelliger Millionenhöhe. „Nichts verprasst und trotzdem pleite. War schon bitter.“ Er ist unten. „So tief unten, dass es nur noch nach oben gehen konnte“, sagt er heute. Überhaupt macht Reim kein Geheimnis aus seiner Insolvenz, er macht sich sogar lustig darüber. „Verdammt ich hab’ nix“, singt er und dreht auch einen Werbespot für einen Autovermieter. „Wo hat der’s Cabrio her? Die arme Sau hat doch kein’ Groschen mehr.“
„Ich habe mir den Hintern abgespielt“
Um das zu ändern, geht Reim wieder auf die Bühne. Jedes Wochenende, manchmal öfter. „Ich habe mir den Hintern abgespielt.“ Die Mühe lohnt sich. Zwar kann er nie wieder an seinen Mega-Erfolg anknüpfen, „aber meine CDs sind eigentlich alle gut gelaufen“. Vor allem im Osten, wo man traditionell gern deutsches Liedgut hört. Und wo viele Leute nach der großen Euphorie im Zuge des Mauerfalls selbst in ein tiefes Loch gefallen sind und Sympathie hegen für einen Wessie, dem es offenbar ähnlich gegangen ist. „Als ich in Stuttgart noch vor 400 Leuten gespielt habe, sind in Dresden schon 8000 Fans gekommen.“ Auch deshalb hat Reim ein paar DDR-Klassiker neu aufgenommen, darunter „Am Fenster“ von City. „Aber verkürzt und modernisiert.“
Den Erfolg von „Unendlich“ kann das alleine aber nicht erklären. Denn musikalisch hat sich Reim nicht großartig verändert in all den Jahren. „Es ist einfach die richtige Platte zum richtigen Zeitpunkt“, glaubt Reim. „Deutsche Musik ist wieder cool.“ Deshalb hat er auch keine Probleme, einen Rocksong auf einen Discofox folgen zu lassen. Ja selbst eine reggaemäßig angehauchte Nummer findet sich auf der CD. „Das ist kein Album aus einem Guss“, bestätigt Reim. „Eher ein Hund aus jedem Dorf.“
Die Haare sind kürzer und die Falten tiefer
In den nächsten Wochen geht er wieder auf Tour. Mit blonden Haaren, die längst kürzer und Falten, die längst tiefer sind als vor knapp einem Vierteljahrhundert. „Live singen ist immer noch das Größte, da verschwinden alle Zipperlein.“ Die neue CD wird er vorstellen, aber auch die alten Erfolge singen. „Das sind Lieder, die nicht alt geworden sind. Mit denen kriege ich die Leute immer noch.“
So aufregend die Karriere derzeit läuft, so ruhig ist das Privatleben geworden. Von Mallorca ist Reim an den Bodensee gezogen, lebt seit zwölf Jahren mit der gleichen Frau zusammen. Und Angst vor neuen Fehlinvestitionen muss er sich auch nicht machen. „Ich habe“, sagt er, „nämlich noch gar nichts, was ich wieder investieren könnte.“