Oberhausen. .

Party-Stimmung in Reim-Kultur: Gut zwei Stunden hat Sänger Matthias Reim in der Arena in Oberhausen seine Fans mit einfach gestrickter Wohlfühl-Musik glücklich gemacht. Rund 3000 sangen lauthals mit: „Verdammt, ich lieb’ dich“.

Wer mit Matthias Reim nur den launigen Mitsing-Schlager „Verdammt, ich lieb dich“ assoziiert, der ist ordentlich in den 90er Jahren stecken geblieben: Heutzutage fordern die Fans unüberhörbar „Du bist mein Glück“, ein Stück aus dem 2010er Comeback-Album des Sängers. Kurios: Der Wunsch danach hält auch an, wenn das Konzert eigentlich schon längst beendet ist. In der Oberhausener König-Pilsener-Arena bauen am späten Freitagabend eifrige Helfer schon die Bühne ab, doch einige Grüppchen auf den Rängen denken gar nicht daran, nach Hause zu gehen. „Du - b-bist - m-eein Glü-üüück – groooß – wiiie – eiinn Plaan - eeet!“ Das stimmgewaltige Solo-Konzert der Fans geht minutenlang in die Verlängerung. Party-Stimmung in Reim-Kultur!

Wahrscheinlich bekommt der Sänger diese Liebesbekundung in der Umkleide gar nicht mehr mit. Verschmerzbar: Schließlich sieht man dem 53-Jährigen beim Verlassen der Bühne eine gesunde Portion Zufriedenheit deutlich an. Gut zwei Stunden einfach gestrickte Wohlfühl-Musik, dazu eine 20-minütige Pause zum Luftholen. Matthias Reim lockt nach seinem finanziellen Totalabsturz wieder die Fans in die Konzerte – rund 3000 Anhänger sind es in Oberhausen. Eine Balsam-Kur nach überstandener Lebenskrise, die er bereits in seiner Biographie „Verdammt, ich leb’ noch“ verarbeitet hat.

In der Schlagerecke sieht sich Matthias Reim nicht. Kein Wunder, dass er deftige Gitarristen an seiner Seite hat, kräftige Schlagzeug-Soli immer wieder die Texte unterbrechen. Reim blickt in die Weite der verkleinerten Halle. Er trägt ein schwarzes T-Shirt mit glitzernder Piratenflagge. Verwaschene Jeans. Schlaksig, schlank – in seinem Gesicht erkannt man die geschlagenen Schlachten. Doch das Lächeln legt er während des gesamten Konzertes nicht ab. „Es ist verdammt gutes Gefühl!“ Es klingt authentisch.

Auf Tuchfühlung mit der Damenwelt

Finanzieller Absturz

Matthias Reim erreichte 1990 mit „Verdammt, ich lieb dich“ einen erfolgreichen Hit: 2,5 Millionen Exemplare wurden von der Single weltweit verkauft – das Lied hielt sich zudem 16 Wochen in den deutschen Single-Charts auf Platz eins. Nach den Erfolgen folgte der finanzielle Absturz, die Gesangskarriere stockte – seit Ende 2010 ist Reim wieder schuldenfrei und gibt mit einer großen Tournee sein Comeback. Am 11. Mai tritt Matthias Reim mit dem Programm „Sieben Leben“ auch in der Dortmunder Westfalenhalle auf.

Da Gefühle immer ein gutes Thema sind, begibt sich der Ex-Mann von Sangeskollegin Michelle sofort auf Tuchfühlung mit der Damenwelt, erklärt „warum Männer so wunderbare Geschöpfe sind“, beschreibt in seinen Songs allgemeine Liebeskrisen und hat vor den Balladen auch für philosophische Querschläger Zeit: „Wenn wir lieben, dann sind wir hochsensible Wesen.“

Vor der Bühne haben sich die Fans längst von den Plätzen erhoben. Eine feierlustige Herrengruppe hat sich mit weißen T-Shirts uniformiert. Darauf sind Songtexten in kitschiger Goldschrift gedruckt. Sie tragen Pappmasken mit dem Gesicht des Sängers. Reim kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: „Ihr seid ziemlich cool!“ Das Publikum ist in der Altersstruktur gemischt – doch viele jüngere Fans feiern rudelweise eine Retro-Party, surfen auf der Nostalgie-Welle der 90er Jahre. Die Stimmung wirkt wie beim Hexenkessel-Konzert von David Hasselhoff an gleicher Stelle – nur deutlich gesitteter.

Spanischer Solist? Egal - das Publikum übersetzt sich den Riesen-Hit selbst

Foto: Milbret/WAZ-FotoPool
Foto: Milbret/WAZ-FotoPool © WAZ-Fotopool

Matthias Reim saugt die Atmosphäre auf. Bringt alle Klassiker, wie „Ich hab’ geträumt von dir“ und „Ich hab’ mich so auf dich gefreut“. Bereits zur Konzertmitte stimmt er die eine ganz bekannte Melodie an. Doch diese kommt dem Publikum spanisch vor. Ein spanischer Solist (Reim: „Wir haben uns am Strand getroffen!“) singt „Verdammt, ich lieb dich!“ in seiner Landessprache. Dem Publikum ist das egal. Sie übersetzen jede Zeile lautstark. Natürlich folgt der Millionenhit noch in der Originalversion – als Zugabe. Reim: „Denkt ihr etwa, ich hab’ das Lied vergessen?“

Als das Konzert beendet ist, wird die Männergruppe mit den Reim-Pappmasken selbst zur Zugabe. Einige Fans lassen sich mit der fröhlichen Partymannschaft fotografieren. Ironie? Anerkennung? Gaudi? Da sollte sich jeder seinen eigenen Reim drauf machen.