Berlin/Potsdam. Ein deutlicher Anstieg des Meeresspiegels und unerwartete Hitzewellen - das sollen die Folgen einer ungebremst voranschreitenden Erderwärmung sein. Trotz düsterer Aussichten, könne die Erderwärmung, laut Weltbankchef Jim Yong Kim, aber um zwei Grad verhindert werden.
Die Szenarien sind apokalyptisch: Sollte die Erderwärmung weiter ungebremst voranschreiten und Ende des Jahrhunderts vier Grad Celsius erreichen, drohen ein deutlicher Anstieg des Meeresspiegels, unerwartete Hitzewellen, eine Zunahme von Wirbelstürmen und das Aussterben ganzer Arten. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und von Climate Analytics in einem Bericht für die Weltbank, der am Montag veröffentlicht wurde. Allerdings bestehe weiterhin die Chance, eine Erderwärmung von mehr als zwei Grad zu verhindern.
Der Report erscheint exakt eine Woche vor Beginn der Klimakonferenz in Doha, wo Vertreter aus 194 Staaten über die nächsten Schritte im Kampf gegen den Klimawandel verhandeln wollen. Im vergangenen Jahr hatten sie sich darauf verständigt, bis 2015 Details für ein neues Klimaschutzabkommen festzulegen. Ziel ist es, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Seitdem ist es im Durchschnitt bereits um 0,8 Grad wärmer geworden. Experten der Initiative Climate Action Tracker rechnen damit, dass es gegen Ende dieses Jahrhunderts rund 3,3 Grad sein werden. Im besten Fall steigen die Temperaturen demnach um 2,6, im schlechtesten Fall um 4,1 Grad.
Meersspiegel soll 2300 zwischen 1,5 und vier Metern steigen
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies gravierende Folgen hätte: So würde der Meeresspiegel um 0,5 bis 1 Meter steigen, wahrscheinlich sogar mehr, heißt es in dem Bericht für die Weltbank. Dabei seien die Auswirkungen regional sehr unterschiedlich, abhängig von Meeresströmungen und anderen Faktoren. Für das Jahr 2300 rechnen die Forscher mit einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 1,5 und 4 Metern.
Betroffen davon wären unter anderem Städte in Mosambik, Mexiko, Venezuela, Indien, Bangladesh, Indonesien, den Philippinen and Vietnam. Insbesondere kleinen Inselstaaten würde der Untergang drohen. Unter Verweis auf eine Studie über die Folgen eines Anstiegs des Meeresspiegels um einen Meter in der Karibik beziffern die Autoren die Kosten für Landverlust, Umsiedlung und Neubau bis zum Jahr 2080 auf insgesamt 68,2 Milliarden US-Dollar. Verluste im Tourismus und der Landwirtschaft würden sich zudem in den 2080er-Jahren auf rund 13,5 Milliarden Dollar jährlich belaufen.
Forscher rechnen mit einer signifikanten Zunahme von Wetterextremen
Während in einigen Weltregionen zudem die Gefahr von Starkregenfällen dramatisch ansteigen könnte, wären andere vermehrt von Dürren betroffen. Einen drastischen Wassermangel sagen die Wissenschaftler vor allem für Südeuropa, Afrika, weite Teile Nord- und Südamerikas sowie Südaustralien bevor. Flüsse wie die Donau, der Mississippi oder der Amazonas könnten in Zukunft deutlich weniger Wasser führen, der Nil oder der Ganges hingegen deutlich mehr. Insgesamt rechnen die Forscher mit einer signifikanten Zunahme von Wetterextremen.
Sorge bereiten darüber hinaus vor allem die sogenannten Kipp-Punkte, deren Überschreiten nur noch schwerlich rückgängig zu machen wäre. "Die planetarische Maschinerie neigt zu Bocksprüngen, also unverhältnismäßigen Reaktionen auf Störungen, wie sie der menschengemachte Treibhauseffekt mit sich bringt", warnte der Direktor des PIK, Hans-Joachim Schellnhuber. Wenn die Erderwärmung mehr als zwei Grad betrage, laufe die Menschheit Gefahr, diese Kipp-Punkte zu überschreiten. Dies könnte bei den weltweit vom Kollaps bedrohten Korallenriffen der Fall sein, oder beim kilometerdicken Eisschild Grönlands.
Chef der Weltbank sagst, dass eine vier Grad wärmere Welt vermieden werden könne und müsse
Der neue Chef der Weltbank, Jim Yong Kim, warb eindringlich davor, ein solches Szenario zu verhindern. "Eine vier Grad wärmere Welt kann und muss vermieden werden - wir müssen die Erwärmung unter zwei Grad halten", sagte er. Auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, appellierte an alle Staats- und Regierungschefs, sich an ihre Verpflichtung zu halten, bis 2015 ein rechtlich verbindliches Abkommen auszuhandeln. Und sein Amtsvorgänger Kofi Annan mahnte, noch sei Zeit, die gefährlicheren Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. (dapd)