Köln. . Dieter Moor erklärt bei „ttt“ Kultur und schreibt über das Leben auf dem Land. Gerade ist sein zweites Buch „Lieber einmal mehr als mehrmals weniger“ erschienen. Das erste, was 2009 veröffentlicht wurde, verkaufte sich 400.000 Mal. Den Erfolg kann sich der Moderator nicht erklären.

Dieter Moor hat sich den Ruf des moderierenden Kulturbauern eingefangen: Sonntags erklärt er bei „ttt - titel, thesen, temperamente“ Literatur und Kunst. Die Woche über tauscht er Studio gegen Stall, baut in Hirschfelde mit Frau Sonja einen Öko-Bauernhof auf. Und schreibt Bücher über das Leben auf dem Land in Brandenburg. Gerade ist sein zweites „Lieber einmal mehr als mehrmals weniger“ erschienen.

Heute schon den Wasserbüffel gekrault?

Dieter Moor: Ja, gerade. Ich hab‘ noch ganz dunkle Hände.

Vor einigen Tagen ist Ihr zweites Buch erschienen. Ihr erstes „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht“ ist 400 000-mal verkauft worden. Womit erklären Sie sich den Run auf Ihre Geschichten aus Brandenburg?

Dieter Moor: Ich kann es mir nicht erklären. Mich hat der Erfolg des ersten Buches kalt erwischt.

Was ist der Unterschied zum ersten Buch?

Dieter Moor: Das erste lebt von einer Art Alien-Effekt: Der Schweizer, der Fremde staunt und guckt. Im zweiten Buch sind dann schon einige Jahre in „Amerika“ (So hat Moor das Dorf im Buch genannt) vergangen. Es spielt etwa in der Zeit vor fünf oder sechs Jahren. Die Geschichten sind zwangsläufig etwas anders.

Hat der Erfolg Ihrer Bücher etwas mit der neuen Sehnsucht nach dem Landleben zu tun?

Dieter Moor: Die Geschichten, die ich – inspiriert von der Umgebung, in der ich lebe – aufschreibe, haben etwas zu tun mit Direktheit. Mit einer Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, die man auf dem Land vermutet. Nicht kompliziert, klar heraus.

Aber immer ziemlich lebendig, keineswegs verschnarcht...

Dieter Moor: Es ist keine Idylle, nicht der Club Robinson der Provinz, sondern sehr konkret. Ein Bauernhof hat mit Leben und Tod zu tun. Es ist nicht ruhig auf dem Dorf. Da knattert ein Trecker, dort feiert die Feuerwehr. Wer Ruhe sucht, der sollte in der Stadt bleiben.

Was ist Fiktion, was Realität? Der Spruch „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht“ stand nicht, wie Sie Ihrem Leser suggerieren, an der Tür Ihres kleinen Tante-Emma-Ladens in „Amerika“.

Dieter Moor: Es ist insofern keine Fiktion, weil mir diese Geschichte von einem Bekannten erzählt wurde, der einen Dorfladen gesehen hat, wo dieser Spruch tatsächlich über der Tür gestanden haben soll. Natürlich habe ich den Spruch verwendet, auch weil er wunderbar die Philosophie der alten Konsumläden aus DDR-Zeiten aufzeigt. Er hat aber auch eine sehr moderne Bedeutung: Man muss ja nicht alles haben, nur weil es es gibt. Natürlich hat das, was ich schreibe mit der Wirklichkeit zu tun. Weil man von Wirklichkeit inspiriert ist und in ihr lebt. Es ist jedoch keine Reportage. Es ist kein Bettina-Wulff-Bekenntnis, die eine Lebensbeichte abgibt. Es sind verarbeitete Eindrücke und Geschichten aus Brandenburg.

Muss man Angst haben, wenn man bei Ihnen eingeladen wird, dass Sie Anekdoten heimlich mit dem Tonband mitschneiden?

Dieter Moor: Natürlich nicht. Aber man läuft Gefahr, wenn man eine gute Geschichte erzählt, dass ich sagen könnte: Darf ich die vielleicht in meinem nächsten Buch verwenden? Ich nehme schon wie ein Maler, Komponist oder sagen wir: wie ein Schwamm alles auf, was um mich herum ist.

Sie fühlen sich in Hirschfelde angekommen?

Dieter Moor: Ja, sogar aufgenommen. Ich hab‘ gedacht, das wird wesentlich härter, weil auf dem Dorf die Neuzugezogenen normalerweise zwei Generationen Neuzugezogene bleiben. Ich habe hier Menschen getroffen, die dem Klischee des mürrischen, verschlossenen Brandenburgers völlig widersprechen. Hirschfelde hat einen hohen Toleranzgrad gegenüber dem Andersartigen.