Rom. . Mehr als 1000 Überlebende, Hinterbliebene und Anwälte waren nach Grosseto in Italien gereist, um ihn zu sehen: „Costa“-Kapitän Francesco Schettino. Der 52-Jährige trug eine Sonnenbrille und schlüpfte durch einen Hintereingang in das Theater der toskanischen Stadt, in dem das Gericht tagte.

Der „Captain’s Lunch“ bestand aus einem belegten Brötchen, an der Bar abgegriffen und im Stehen verzehrt. So heißt es jedenfalls. Denn die Öffentlichkeit hat noch keinen Zutritt zum Prozess um die Havarie der „Costa Concordia“ vor der toskanischen Insel Giglio. Deshalb gibt es über das mit Spannung erwartete erste Auftreten von Kapitän Francesco Schettino (52) nur Gerüchte.

Die Daten der „Black Box“

Gelächelt habe er an diesem Prozess-Montag, heißt es. Entspannt habe er gewirkt. Die Hand soll er einem Schiffbrüchigen geschüttelt haben, der als Geschädigter am Prozess teilnehmen darf und zu Beginn der Verhandlung auf Schettino zuging. „Hoffen wir, dass die Wahrheit schnell gefunden wird“, soll der Mann gesagt haben, und Schettino habe geantwortet: „Ja, sie muss gefunden werden.“

Die neue Runde im Strafprozess um das Schiffsunglück gehört nach italienischem Recht noch zum „Vorverfahren“, in dem keine Öffentlichkeit vorgesehen ist. Die vorerst auf eine Woche angesetzten Verhandlungen spielen sich aus Platzgründen im Theater der toskanischen Stadt Grosseto ab. Sie dienen vor allem dazu, die Daten der „Black Box“ in den Prozess einzubringen und die vom Gericht bestellten Gutachter dazu anzuhören.

Drei der neun Beschuldigten erschienen

Erschienen waren am Montag neben Schettino drei weitere der insgesamt neun Beschuldigten. Der Erste Offizier Ciro Ambrosio, der bis wenige Minuten vor dem Unglück das Kreuzfahrtschiff kommandierte und in die Nähe der Felseninsel Giglio fuhr, dazu Schiffsoffizier Salvatore Ursino, sowie der an jenem 13. Januar diensthabende Krisenmanager der Reederei Costa, Roberto Ferrarini. Mit ihm hat sich Kapitän Schettino nach der Havarie telefonisch am intensivsten beraten – während er der Küstenwache den wahren Umfang der Katastrophe noch verheimlichte.

Havarierte "Costa Concordia"

Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" war Freitagnacht vor der toskanischen Küste auf einen Felsen gelaufen und gekentert. An Bord waren rund 4200 Menschen, darunter 566 Deutsche. Gegen den Kapitän der "Costa Concordia", Schettino, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen. Das Foto zeigt das Schiff, wie es in Reise-Prospekten zu sehen war. Denn seit Freitag... © AP
...liegt das havarierte Schiff vor der Insel Giglio an der West-Küste Italiens. Das Unglück geschah am Freitag,...
...liegt das havarierte Schiff vor der Insel Giglio an der West-Küste Italiens. Das Unglück geschah am Freitag,... © AP
...dem 13. Januar während...
...dem 13. Januar während... © AP
...des Abendessens an Bord.
...des Abendessens an Bord. © REUTERS
Ein 70 Meter langer Riss ist zu sehen. Das Schiff war offenbar zu nah an die Küste gesteuert worden. Ein Felsen hatte den Rumpf aufgeschlitzt. Binnen Minuten geriet der Luxuslinier in Schlagseite. Ein Stück des Felsens...
Ein 70 Meter langer Riss ist zu sehen. Das Schiff war offenbar zu nah an die Küste gesteuert worden. Ein Felsen hatte den Rumpf aufgeschlitzt. Binnen Minuten geriet der Luxuslinier in Schlagseite. Ein Stück des Felsens... © AFP
...den das Schiff gerammt hatte, steckt fest. Unwirklich sieht die Bucht..
...den das Schiff gerammt hatte, steckt fest. Unwirklich sieht die Bucht.. © REUTERS
...von oben aus. Das Schiff liegt...
...von oben aus. Das Schiff liegt... © AFP
...seitlich im Wasser. Der Kapitän des Schiffes,...
...seitlich im Wasser. Der Kapitän des Schiffes,... © AFP
...Francesco Schettino wurde am Samstag festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schettino wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen. Die Reederei Costa hatte...
...Francesco Schettino wurde am Samstag festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schettino wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen. Die Reederei Costa hatte... © REUTERS
...Kapitän Schettino am Sonntagabend
...Kapitän Schettino am Sonntagabend "Fehlentscheidungen" vorgeworfen und erklärt,... © REUTERS
...die Route des Schiffs habe offenbar zu nah an der Küste vorbei geführt.
...die Route des Schiffs habe offenbar zu nah an der Küste vorbei geführt. © REUTERS
Per Helikopter wurden Passagiere, aber auch Rettungskräfte in Sicherheit gebracht.
Per Helikopter wurden Passagiere, aber auch Rettungskräfte in Sicherheit gebracht. © AFP
Wegen heftigen Wellengangs wurde die Suche...
Wegen heftigen Wellengangs wurde die Suche... © AP
...zunächst abgebrochen.
...zunächst abgebrochen. © REUTERS
Am Montagmorgen...
Am Montagmorgen... © AFP
...haben die Bergungsmannschaften die Suche nach den noch...
...haben die Bergungsmannschaften die Suche nach den noch... © AFP
...vermissten 21 Passagieren und Besatzungsmitgliedern...
...vermissten 21 Passagieren und Besatzungsmitgliedern... © AFP
...des Kreuzfahrtschiffs
...des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" fortgesetzt. © AFP
Taucher machten sich auf die Suche nach den noch immer Vermissten.
Taucher machten sich auf die Suche nach den noch immer Vermissten. © AFP
In der Nacht zu Sonntag konnte ein Hochzeitspaar aus seiner Kabine befreit werden. Die Süd-Koreaner...
In der Nacht zu Sonntag konnte ein Hochzeitspaar aus seiner Kabine befreit werden. Die Süd-Koreaner... © AP
...wurden über 24 Stunden nach dem Unglück gerettet.
...wurden über 24 Stunden nach dem Unglück gerettet. © REUTERS
Auch am Sonntag läuft die Suche nach Vermissten auf Hochtouren.
Auch am Sonntag läuft die Suche nach Vermissten auf Hochtouren. © AFP
In der Kirche des Küsten-Dorfes wurde ein Gottesdient abgehalten. Die meisten Überlebenden des Unglücks..
In der Kirche des Küsten-Dorfes wurde ein Gottesdient abgehalten. Die meisten Überlebenden des Unglücks.. © AFP
...sind bereits in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Doch die Lage...
...sind bereits in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Doch die Lage... © AFP
...in Italien ist immer noch kritisch. Der Tank des Schiffes droht auszulaufen.
...in Italien ist immer noch kritisch. Der Tank des Schiffes droht auszulaufen. © AP
Mittlerweile haben die italienischen...
Mittlerweile haben die italienischen... © AFP
...Behörden eine Liste...
...Behörden eine Liste... © Getty Images
...mit den namen, der och immer vermissten Passagiere und Crew-Mitglieder...
...mit den namen, der och immer vermissten Passagiere und Crew-Mitglieder... © REUTERS
...veröffentlicht. Taucher suchen, soweit es die Witterung zulässt, noch immer...
...veröffentlicht. Taucher suchen, soweit es die Witterung zulässt, noch immer... © AFP
...nach den Vermissten.
...nach den Vermissten. © REUTERS
Employees of a wreck removal and salvage operations company take a coffee on January 19, 2012 before working on the cruise liner Costa Concordia aground in front of the harbour of the Isola del Giglio (Giglio island) after hitting underwater rocks on January 13. Italian rescuers resumed their search on board a crashed cruise ship the same day, as salvage workers prepared to pump out fuel from its tanks to avoid an environmental disaster.  AFP PHOTO / VINCENZO PINTO
Employees of a wreck removal and salvage operations company take a coffee on January 19, 2012 before working on the cruise liner Costa Concordia aground in front of the harbour of the Isola del Giglio (Giglio island) after hitting underwater rocks on January 13. Italian rescuers resumed their search on board a crashed cruise ship the same day, as salvage workers prepared to pump out fuel from its tanks to avoid an environmental disaster. AFP PHOTO / VINCENZO PINTO © AFP
Members of the Carabinieri in a boat travel past the Costa Concordia cruise ship which ran aground off the west coast of Italy at Giglio island January 19, 2012. No deadline has been set for ending the search for missing people on the wreck of the Italian cruise liner that capsized off the Tuscan island, the chief spokesman of the firefighters said on Thursday.  REUTERS/Paul Hanna  (ITALY - Tags: DISASTER TRANSPORT)
Members of the Carabinieri in a boat travel past the Costa Concordia cruise ship which ran aground off the west coast of Italy at Giglio island January 19, 2012. No deadline has been set for ending the search for missing people on the wreck of the Italian cruise liner that capsized off the Tuscan island, the chief spokesman of the firefighters said on Thursday. REUTERS/Paul Hanna (ITALY - Tags: DISASTER TRANSPORT) © REUTERS
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Die Strategien der Anwälte scheinen sich darin zu unterscheiden, dass die Reederei Costa ihrem seit Juli offiziell entlassenen Kapitän Schettino alle Schuld zuschieben will, während Anwälte der Überlebenden auch die Reederei in die Pflicht nehmen möchten. Gänzlich unzufrieden mit dem gegenwärtigen Verfahren ist der italienische Verbraucherschutzverband Codacons, der natürlich auch auf möglichst hohe Schadenersatzsummen abzielt. Er sieht im Gutachten der Experten den Hergang der Havarie geklärt, nicht aber den Grund dafür, warum zweiunddreißig Passagiere sterben mussten. Um diese kümmere sich bisher niemand, erklärt Codacons.

Der Verband fordert ein ergänzendes Gutachten über mögliche technische Mängel des Schiffes und zum Beispiel darüber, weshalb das Wasser über die Aufzugschächte so schnell eindringen und den Weg in die rettenden Boote abschneiden konnte: „Die zweiunddreißig Menschen könnten noch leben“, sagt Ingenieur Bruno Neri von der Universität Pisa, der als Sachverständiger für Codacons arbeitet.